Polonaise Bolognese
Je brenzliger und explosiver sich das Verhältnis zwischen heutigem Okzident und Orient darstellt, desto naiver muten historisierende, politisch abstrahierende Versuche an, den Dialog der Kulturen musikalisch abzubilden. Längst nicht für alle Beispiele gilt dieser Vorbehalt – Ausnahmen sind zum Beispiel Jordi Savall und Yo-Yo Ma. Die hier zu besprechenden CDs indes ziehen sich auf das idyllische Eiland einer romantisierenden Sichtweise zurück. Sie münden in Folklore.
Das Pera Ensemble, gegründet 2005, bezog schon in «Café» (2012), «Momenti d’amore» (2015) und «Carneval Oriental» (2016) eine Position des historisch aufgeklärten Exotismus und Traditionalismus. Heutige Standards der historischen Aufführungspraxis werden durchaus eingehalten. Bei der aktuellen CD steht mit Francesca Lombardi Mazzulli zudem eine italienische Sängerin erneut im Mittelpunkt, die stilistisch an Montserrat Figueras anknüpft. So dekorativ der Titel «Ballo Turco» anmutet, so harmlos schön klingt diese Reise «from Venice to Istanbul».
Mit Eunuchentänzen (aus «La Dori» von Cesti) und Morescas (aus Monteverdis «L’Orfeo» und Praetorius’ «Terpsichore») beginnt es. Über Kapsberger und Marini, von ...
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Hollywood. Irgendwann in den 1920ern. Ein Probedreh im Studio. «Sunset Motion Pictures» heißt die Traumfabrik, die Jürgen Flimm sich von George Tsypin hat ins Schiller Theater bauen lassen. Scheinwerfer, Schminktische, Kameras, Mikros, Best Boys, Glitzergirls – alles stilecht. Auf einer Leinwand Ozeandampfer, Straßenszenen, eine Fahrt im Cabrio, Gesichter in...
«Spezialisten», meinte Nikolaus Harnoncourt vor Jahren im Gespräch mit dem Schreiber dieser Zeilen, «betrachte ich mit Misstrauen. Denn wenn ich etwa nur Musik des Barock spiele, verliere ich den Kontakt zu dem, was künstlerisch sonst noch geschah und geschieht. Das Blickfeld wird eng, was man auch der Interpretation anhört ...» Wenngleich die älteste zur...
Es muss nicht an einer germano-zentrischen Haltung liegen, gepaart vielleicht mit gewisser Überheblichkeit. Dass das Liedschaffen französischer Komponisten hierzulande kaum eine Rolle spielt, hat vor allem mit der Sprache zu tun. Mit dem Erfühlen und Erfüllen von Nuancen, mit dem (auch hörenden) Bewusstsein für die Delikatesse von Färbungen, Lautformungen und...