
Kindstod im Zeittunnel: Ermonela Jaho (Suor Angelica); Foto: Theater/Wilfried Hösl
Pointillismus in Tönen
Zweimal an diesem Abend beginnt sich der Tunnel spektakulär zu drehen: am Ende von «Il tabarro», wenn der getötete Nebenbuhler wie am Fleischerhaken rotiert, und am Schluss von «Suor Angelica», wenn die Titelheldin ihr totes Kind pathosaffin im Himmel kreisen sieht. Nur in «Gianni Schicchi» hängt, welche Ironie, der Tote schon friedlich von der Decke, auf dass die Lebenden sich mit List seines Besitzes bemächtigen.
Dabei kann man Lotte de Beer nicht nachsagen, dass sie es auf das Spektakuläre angelegt habe in ihrer ersten Inszenierung für die Bayerische Staatsoper: Der nach hinten offene, manchmal von Nebel umwaberte Tunnel (Bühne: Bernhard Hammer) bildet den gemeinsamen Raum für alle Stücke von Giacomo Puccinis «Il trittico». In den Kostümen (Jorine van Beek) belässt es die Inszenierung bei den Handlungszeiten zu Beginn des 20. Jahrhunderts, am Ende des 17. und Anno Domini 1299. Puccini knüpft seine Musik so detailbesessen an konkrete Vorgänge, dass ihm Regisseure selten wirklich gerecht werden. De Beer beugt sich dem bewusst, wie sie im Programmheft sagt, und schafft doch regiestilistisch feine Unterschiede zwischen den Opern, deren Einheit immer wieder bezweifelt wird und die im ...
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Opernwelt Februar 2018
Rubrik: Im Focus, Seite 14
von Michael Stallknecht
Die schöne Unbekannte liegt im Halbfeld links, gefährlich nah am Rand. Goldglänzendes Cocktailkleid, eine rote Einstichstelle nahe dem Herzen. Niemand, der sie beachten würde; anscheinend gehört das Sterben zum Geschäft, ist Teil der Staatsräson, Kollateralschaden. Wer die Tote ist, erfahren wir auch in den folgenden dreieinhalb Stunden nicht, können es nur...
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