Pflichtübung
Die Wolfsschlucht liegt neuerdings an der Seine. Jedenfalls, wenn man sie an den tiefgründigen Sounds misst, die – bei allem spukhaft fabulierten Freikugelzauber – ihr Eigentliches sind. Überhaupt ist es mit dem 2012 von der Dirigentin Laurence Equilbey gegründeten Insula orchestra eine französische Kapelle, die derzeit wie keine zweite aus dem Geist und der Zeit Webers heraus vorführt, wo in Sachen Klanghermeneutik der Hammer hängt.
Was in Barock und Klassik längst gang und gäbe ist, erprobt Equilbey konsequent für das frühromantische Repertoire: einen historisch-kritischen Musizierstil, der Instrumentarium und Stilistik des frühen 19. Jahrhunderts wiederbelebt. Das ist ihr mit «Le Freischütz» vorbildlich gelungen: Der Mitschnitt aus dem Pariser Théâtre des Champs-Élysées bezeugt einen sinnlichen, kontrastscharfen, schlackenfreien Drive, der seinesgleichen sucht (Erato; siehe auch OW 7/2021).
Das durch den suggestiven Licht-Dunkel-Minimalismus des Künstlerduos «CIE 14:20» auch szenisch attraktive Projekt war knapp zwei Jahre vor dem großen «Freischütz»-Jubiläum noch ohne Einschränkungen live zu erleben. Die Berliner Aufführungen zum Stichtag der Uraufführung – Webers später oft ...
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Opernwelt August 2021
Rubrik: Panorama, Seite 48
von Albrecht Thiemann
Leserinnen und Leser der «Opernwelt» werden sich des Frankfurter Kritikers Hans-Klaus Jungheinrich erinnern. Wobei die Stadt keineswegs unerheblich ist. Denn Jungheinrich, auch der Autor, stand für eine Art Frankfurter Schule der Musik-Publizistik in der Nachfolge der «Kritischen Theorie» mit ihrem Haupt-Exponenten Theodor W. Adorno, der für den Diskurs der Moderne...
Der von der Pariser Weltausstellung 1889 ausgehende Russland-Boom, der bald das ganze westliche Europa erfasste, blieb auch in der Oper nicht ohne Folgen. Insbesondere die Vertreter der Giovane Scuola erkannten in dieser «exotischen» Welt, wie sie in den Romanen Tolstois und Dostojewskis aufschien, eine Möglichkeit, ihre musikalische Palette um reizvolle Farben zu...
Krähe, wunderliches Tier. Hockt da dürrbeinig auf der Stuhllehne, neigt, wie von Geisterhand berührt, von Zeit zu Zeit den Kopf, lauscht dann erneut dem leisen Gesang der dem Wahn Verfallenen, die im wallend weißen Nachthemd vor ihr sitzt und manisch die Hände aneinanderreibt, so als könne sie damit jene schwere Schuld tilgen, die sie auf sich geladen hat. Schon in...