Ohne Häkeldeckchen
Die deutsche Spieloper: ein Schmerzenskind. Sogar der ehemals so beliebte Lortzing ist mit Werken wie «Der Wildschütz» oder «Zar und Zimmermann» ein seltener Gast auf den Bühnen. Kreutzers «Nachtlager in Granada» und Nesslers «Trompeter von Säckingen» werden seit Generationen gemieden, selbst ein Meisterwerk wie Nicolais «Lustige Weiber» hat es schwer – sicher nicht nur wegen des Verdi’schen «Falstaff», der freilich in eine andere Liga gehört, wie auch Cornelius’ «Barbier von Bagdad» und Wolfs «Corregidor».
Die «echte» Spieloper bedient eine Mischung aus Leichtigkeit und Sentimentalität. Das missbehagt ambitionierten Theatermachern, die als milde Erziehungsdiktatoren auf ihr Publikum blicken oder, wenn sie schon Unterhaltung kredenzen, lieber aufs zeitgemäße Musical rekurrieren. Spieloper – das klingt nach Oma, nach Häkeldeckchen.
Hinzu kommen Aufführungsprobleme, wenn sich etwa internationale Sänger durch die deutschen Dialoge quälen. Zumindest diese Kalamität entfällt bei Friedrich von Flotows «Martha», einem durchkomponierten Stück, bei dem sich schier «natürlich» eine Nummer an die andere reiht und Arien die Handlung ebenso voranbringen wie Chöre, Duette, Quartette (alles auch ...
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Opernwelt Dezember 2016
Rubrik: Im Focus, Seite 12
von Hans-Klaus Jungheinrich
Ein Appetithappen nur. Aber wenn diese weiter so ausfallen, wächst der Hunger aufs Festmahl ins Übergroße. Zur Saison 2020/21 erst übernimmt Yannick Nézet-Séguin den Musikdirektorposten an der Met. Im Graben ist er dort schon seit einiger Zeit aktiv, unter anderem mit Verdis «Otello». Im Oktober 2015 offerierten die New Yorker ihre Neuproduktion als...
Stéphane Lissner führt an der Pariser Opéra den Titel eines «directeur délégué», eines «beigeordneten Direktors». Joan Matabosch in Madrid darf sich «director artístico», «künstlerischer Direktor» nennen. Kasper Holten am Covent Garden firmiert schlicht und einfach als «director of opera». Lediglich im deutschen Sprachraum gibt es den Intendanten, in...
Die Reflexe kommen bei manchen schnell. Jaroussky, wunderbar – aber mit Solokantaten von Bach? Welcher deutsche Counter würde sich, beispielsweise, an ein Album mit französischen Vertonungen von Verlaine wagen, wie es Jaroussky so hinreißend gelang? Andererseits: Pourquoi pas? Natürlich hört man, dass Deutsch nicht die Muttersprache des 38-jährigen Sängers...