Musikalisches Neuland
Ein-, am besten zweimal pro Spielzeit musste Barock sein. Ein bisschen Monteverdi, besonders aber Händel. Und je weiter diese Münchner Renaissance zurückliegt, desto mehr verklären sich jene grellbunten Spektakel, die Sir Peter Jonas damals an Bayerns Staatsoper anrichten ließ. Vor allem wird vergessen: Die Wiederaufnahmen verkauften sich immer schwer. Die Barock-Pause war daher weniger Ignoranz geschuldet – sie tat dem Münchner Markt einfach gut.
Ohnehin passt diese Literatur besser ins andere, intimere Opernhaus.
Und dass am Gärtnerplatz nun nicht dem Hit-Produzenten Händel, sondern Georg Philipp Telemann eine Premiere gegönnt wurde, ist hoch achtbar. «Der geduldige Socrates», 1723 am Hamburger Gänsemarkt-Theater uraufgeführt, demnach eine Entdeckung? Von Struktur und Dramaturgie her schon. Die stereotype Folge Rezitativ – dreigeteilte Arie durchbricht Telemann hier oft. Cembalo-Rezitative weiten sich zu Mini-Kanons und Duetten, manchmal auch zu ariosen Formen. Die Da Capi der großen Solo-Nummern werden gern abgekürzt oder münden in Refrain-Chöre. Das Tempo ist folglich hoch. Zu tun hat das alles mit einem Deutsch und Italienisch mischenden Text (nach Johann Ulrich von König), der ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt August 2011
Rubrik: Panorama, Seite 41
von Markus Thiel
Marc Minkowski hat gerade an zwei aufeinanderfolgenden Abenden Meyerbeers «Les Huguenots» dirigiert – jeweils vier Stunden Musik, mit Pausen sogar fünf Stunden – und wirkt im Gespräch danach so frisch, als sei es ein Leichtes, gleich das nächste Dirigat vorzubereiten. Seine Entscheidung für die selten gespielte Oper ist in mehrerer Hinsicht logische Konsequenz...
Nicht wenige Inszenierungen haben aus «Idomeneo» – mit wechselndem Erfolg – eine Art «Götterdämmerung» gemacht. Doch die behält sich Vera Nemirova für das kommende Jahr zum Abschluss ihrer «Ring»-Deutung in Frankfurt vor. Im nahe gelegenen Mainz hat sie Mozarts Dramma per musica auf menschliches Maß gebracht: Der traumatisierte Kriegsheimkehrer erlebt...
Herr Lucic, Inszenierungen des «Macbeth» spielen häufig in einer Ostblock-Diktatur. Sie sind in einer Ostblock-Diktatur groß geworden. Sehen Sie auch diese Parallele?
Ich würde das nicht vergleichen. Für mich ist Macbeth einfach eine verrückte, blutige Figur, die im Grund ganz unsicher ist. Ich sehe ihn auch nicht als zutiefst bösen Menschen. Für mich erklärt sich...