Müder Monteverdi
Claudio Monteverdis «L’incoronazione di Poppea» ist inzwischen die wohl populärste, meistgespielte Barockoper. Das freche, respektlose Libretto verabschiedet die Sphäre des gestelzten Mythos und landet mit der Sex-and-Crime-Handlung aus dem alten Rom im menschlichen Alltag. Wie das «Dschungelcamp» heute zeigen uns schon Monteverdi und sein Librettist Giovanni Francesco Busenello den nackten Egoismus als Triebfeder der Menschheit. Ähnlich aktuell, realistisch und dennoch farbig wird es auf der Opernbühne später nur selten zugehen. Populär ist das Stück auch in den Medien.
Seit den 1950er-Jahren sind mehr als fünfzig Einspielungen erschienen. Wer sich als Newcomer gegen diese Phalanx behaupten will, muss etwas Besonderes bieten.
Andreas Reize, damals schon gewählter Leipziger Thomaskantor, hat sich für seine Aufführung beim Musiksommer 2021 im schweizerischen Schloss Waldegg und der anschließenden CD-Produktion für eine andere Fassung als üblich entschieden. Monteverdis «Poppea» ist in zwei zeitgenössischen, sich in vielem unterscheidenden Abschriften erhalten: einer in Wien überlieferten und einer 1651 in Neapel gespielten. Die Wiener Fassung ist kürzer, die aus Neapel länger, ...
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Opernwelt März 2023
Rubrik: CDs, DVDs und Bücher, Seite 28
von Uwe Schweikert
Vor Filmaufnahmen von rauschenden Wellen steht ein Betonklotz mit Kanone, darauf ein achtköpfiges Instrumentalensemble mit Sonnenbrille und Pilzkopf. Schließlich hebt sich die Leinwand und enthüllt eine mit Schaumstoff isolierte Sprecherkabine inklusive Mikrofon, darüber blinken in leuchtenden Lettern die Worte «on air». Diese kuriose Bühnenbildanordnung beruht auf...
Ein Mann will Sex – und holt es sich von vielen.
Mal hier, mal da, es zählt mit: Leporello,
Der selbst kein Bock mehr hat, hier mitzuspielen:
«Ach ja, so ist’s nun mal, ich bin dein Fellow.»
Am Anfang stirbt der Vater Donna Annas.
Erdolcht von ihm, dem alten Schürzenjäger.
Am schönsten sang die Anna, klar: die Callas!
Doch: Wo kein Richter ist, da auch kein...
Lachen oder weinen, quasi – bei schrägen Polkas, Walzern und Galopptiraden – innerlich mittanzen oder das Ganze politisch «kritisch» verstehen und dementsprechend für sich interpretieren? Diese Fragen, die als wesentliche (und ja nach wie vor spannungsvolle) ästhetische Ambivalenzen auf die Dichotomie der Rezeption von Dmitri Schostakowitschs Musik abzielen, kommen...