Mit Fernbedienung: Marthalers «Hoffmann» aus Madrid

Opernwelt - Logo

Er ist in vielem fragwürdig, zugleich aber hintergründig faszinierend, dieser «Hoffmann» aus Madrid (siehe OW 7/2014). Musikalisch fällt das Arrangement des Quellenmaterials durch Sylvain Cambreling mit den nachkomponierten Rezitativen Ernest Guirauds noch hinter die überholte Oeser-Fassung zurück. Szenisch lässt Christoph Marthaler in der Schwebe, ob Hoffmann seine Erlebnisse berichtet oder erfindet, das Ganze Halluzination oder Psychose ist.



«Regie» in Anna Viebrocks schäbigem Einheitsraum aus Künstleratelier und Klinik führt der hier allgegenwärtige Doktor Spalanzani: Er bringt nicht nur die Puppe Olympia zum Singen, sondern steuert mittels Fernbedienung auch das Spiel. Graham Valentine mimt diesen Zeremonienmeister des Absurden mit diabolischer Grandezza und führt ein Ensemble grotesk überzeichneter, gleichermaßen brillant wie treffsicher agierender Figuren an, aus dem Ana Durlovski (Olympia) als Kindfrau aus der Puppenstube, Anne Sofie von Otter als selbst an der Flasche hängender Nicklausse und der in vier Rollen omnipräsente Christoph Homburger herausragen. Im Zentrum: der bewusst blasse Hoffmann Eric Cutlers, der nicht nur sängerisch gegenüber Vito Priantes Bösewicht vom ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Dezember 2015
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 25
von Uwe Schweikert

Weitere Beiträge
Einspruch aus dem Elfenbeinturm: Bleierne Langeweile?

«Wenn nur die Rezitative nicht wären! Wer widerstünde der bleiernen Langeweile, die sie verbreiten?» In Richard Strauss’ «Capriccio» trifft der Graf einen wunden Punkt: Rezitative sind musikalisch weniger prägnant als die eigentlichen «Nummern». Das Problem ist so alt wie die Oper selbst. Bereits am Anfang des 17. Jahrhunderts verband man den «stile recitativo» mit...

Skurril, urgewaltig

Die Piazza Vittorio liegt in der Nähe des Hauptbahnhofs, im größten multiethnischen Viertel Roms. Vor allem für ihren großen Markt ist sie bekannt, wo man Lebensmittel und Gewürze aus aller Welt bekommt. Seit 2002 trägt auch ein Orchester ihren Namen. Die Mitglieder stammen aus zehn verschiedenen Ländern, sprechen neun verschiedene Muttersprachen. Ihre...

Perspektiven bündeln

Fast ist es nun komplett, das monumentale, auf sechs Bände angelegte Beethoven-Handbuch im Laaber Verlag. Auf die ersten vier, im Wesentlichen nach Gattungen geordneten Bände soll ein Buch über «Beethovens Welt» folgen. Das abschließende Lexikon ist als Erstes erschienen und liegt bereits seit 2008 vor. Dem jüngst veröffentlichten Band über Beethovens Vokalmusik...