Meisterwerk wider Willen
Es kommt nicht eben häufig vor, dass ein Komponist eine frühere Oper nach 30 Jahren wiederverwendet, ja, sogar als Prequel, als Vorläufergeschichte verwendet, um ein neues Musiktheaterwerk zu hoffentlich größerem Ruhm zu führen und damit auch dramaturgisch-erzählerisch zu rehabilitieren. Im Zeichen von Leonard Bernsteins letzter Oper «A Quiet Place» aus dem Jahr 1983 geschah aber eben dies mit «Trouble in Tahiti» von 1952. Der «Tahiti»-Einakter wurde, nach anfänglichem Misserfolg von «A Quiet Place», zum Prolog der letztgenannten Oper.
Es entstand eine überabeitete Version, mit der Bernstein wiederum nicht ganz zufrieden war. Jetzt konnte man an der Opéra national de Paris «A Quiet Place» im neuen Gewand erleben, von dem viel schmissigeren «Trouble in Tahiti» sozusagen «befreit». Und in der Tat haben wir es anhand dieser neuen Produktion mit einer beeindruckenden Befreiung zu tun; einer Befreiung im Zusammenwirken mit einer revitalisierenden Orchestration von Garth Edwin Sunderland.
Die Uraufführung von «A Quiet Place» an der Houston Grand Opera am 17. Juni 1983 markierte den Beginn einer Werkgenese, die man – um Bernsteins Muttersprache gerecht zu werden – als «Struggle», als ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt Mai 2022
Rubrik: Im Focus, Seite 12
von
Wer Russland verstehen möchte (weniger die Menschen als vielmehr die Psychologie dieses unermesslich reichen Landes), wer nach seinen vielschichtigen soziokulturellen Wirklichkeiten, Irrealitäten und Absurditäten sucht – der findet in einem Buch Antworten, das sich anhand von vier Biografien konkret zwar «nur» mit der Zeit nach 1984 beschäftigt, dabei aber...
Einer Sache kann man sich im oft wenig überraschenden Opernbetrieb sicher sein: Inszeniert David Marton, bekommt man etwas, das man in dieser Form vermutlich noch nicht gesehen hat. Auch wenn, wie im vorliegenden Fall, Corona eine gewisse Mitschuld trägt. Ursprünglich sollte Marton am Opernhaus Zürich «L’olimpiade» von Giovanni Battista Pergolesi inszenieren, eine...
Bachs »Matthäus-Passion« als Oper? So fern liegt das nicht, wenn man an die latente Dramatik des Stücks denkt. Und Versuche in diese Richtung der Interpretation gab es immer wieder, bis hin zur Aneignung durch den Choreographen John Neumeier. Aber eine Aufführung als Fest der «Community» unter Beteiligung von Kindern sowie Bürger- und Jugendchören aus Stadt und...
