Mehr als Amüsement

Plädoyer für die fantastisch-melancholischen Qualitäten von Jacques Offenbachs notorisch unterschätzter Theaterkunst

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Vor 200 Jahren wurde er als Sohn eines Kölner Kantors geboren, schon mit 14 Jahren kam er nach Paris, damals die Welthauptstadt der Musik und schönen Künste. Dort brachte er es zum erfolgreichsten Komponisten neben (dem aus Berlin zugereisten) Giacomo Meyerbeer. Und doch blieb Jacques Offenbach in der feinen Gesellschaft, die sich an der Seine köstlich über den Biss seiner Stücke amüsierte, ein Außenseiter – bald als Jude, vaterlandsloser Geselle oder Agent des (deutschen) Erbfeinds abgestempelt, je nach aktueller Stimmungslage.

Bis heute gilt er vor allem als «grand amuseur», «Spottvogel» oder «Hofnarr der Romantik». Höchste Zeit, das Œuvre eines Genies gegen die spaßkulturelle Verein­nahmung zu verteidigen

Humoristisch

Offenbach, Sie wissen schon, das ist der «grand amuseur», der «große Spaßmacher». Erstmals scheint uns dieser Slogan bereits in einem Nachruf, also 1880 zu begegnen. Und wer würde widersprechen? Wenn man ein Werk Offenbachs sieht und hört, kann man sich köstlich amüsieren. Man denke nur an die a-cappella-Kadenz im Finale des zweiten Akts von «La belle Hélène»: König Ménélas’ Frage, was denn nun mit seiner «Ehre» sei, wird nicht beantwortet, sondern ad absurdum ...

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Opernwelt Jahrbuch 2019
Rubrik: Jacques Offenbach, Seite 88
von Anselm Gerhard

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