Mal ehrlich Februar 2018
Mehr als 100-mal habe ich in Brittens «Midsummer Night’s Dream» auf der Bühne gestanden! Wenn nicht 200-mal – mir fehlt längst der Überblick. So oft jedenfalls, dass meine Bücher nach einer Figur aus dem «Sommernachtstraum» benannt sind («Who’s my Bottom?» und «Scraping the Bottom»). Es gibt Menschen, die mich deshalb für einen Fachmann halten. Und doch habe ich, schnallen Sie sich an, einige Szenen erst vor zwei Jahren live gesehen – und das auch nur, weil ich selbst im Regiestuhl saß.
Zettels Traum? Für mich war das immer: Warten auf den nächsten Auftritt, Teetrinken in der Kantine. Nie hab ich mir das Stück als ganz normaler Zuschauer angeschaut.
Mal ehrlich, wie soll Brünnhilde Einblick in die ersten beiden «Siegfried»-Akte kriegen? Welcher Don Giovanni wird je Augenzeuge des Duetts zwischen Donna Anna und Don Ottavio? Der Weiberheld muss in die Garderobe, sich umziehen, nachschminken! Noch stärker außen vor bleiben Choristen. Neulich erzählte mir ein Kumpel, er wisse bei jeder zweiten Oper kaum, wie die Geschichte ausgehe, in der er da jeden Tag auftrete. Oft ist der Chor vor dem Finale fertig oder liefert die letzten Töne aus dem Off – idealerweise in Straßenkleidung, um ...
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Opernwelt Februar 2018
Rubrik: Aus dem Leben eines Taugenichts, Seite 69
von Christopher Gillett
«Freudlos, ein allgemeines Jammern, das sich als Unterhaltung gibt», befand der Kritiker Brooks Atkinson dem Kurt-Weill-Biografen Ronald Sanders zufolge über die Uraufführung des Vaudeville «Love Life» 1948 in New York. Tatsächlich verschwand das Stück, eine Mischung aus Musical und Nummernrevue, nach 252 Vorstellungen in der Versenkung. Ein Streik der Tontechniker...
Besonders früh musste Elisabeth Schwarzkopf nicht aufstehen. Zwar war die junge Sopranistin im Jahr 1940 die «Frühbesetzung» in «Der Liebling des Kalifen» (nach Karl Maria von Webers «Abu Hassan»), der ersten in Deutschland speziell fürs Fernsehen produzierten Oper. Doch ging die erste Live-Ausstrahlung erst ab 15 Uhr über die damals noch spärlich vorhandenen...
Obwohl sich Korngolds «Tote Stadt» – nach der Uraufführung 1920 ein Erfolg, im NS-Staat als «entartet» verbannt – schon seit den 1970er-Jahren wieder wachsender Beliebtheit erfreut: An der Semperoper Dresden hat es das Stück seit 1921 nicht gegeben. Die Neuinszenierung verantwortet David Bösch. Mit seinen eingespielten Ausstattungspartnern Patrick Bannwart (Bühne)...