Lasst alle Hoffnung fahren
Diesmal lief alles nach Plan, nicht wie in Hamburg vor anderthalb Jahren, als die Premiere von «Il trittico» aufgrund eines Streiks zunächst verschoben und dann von empörten Besuchern lautstark gestört wurde. Der Regisseur hatte eine willkürliche Rahmenhandlung erfunden, und «O mio babbino caro» zitterte über die Saiten einer E-Gitarre. An Berlins Deutscher Oper herrscht die alte Ordnung, die drei Einakter erklingen ohne kommentierende Zusätze, doch gibt es ein paar Scharniere. Und die sind vor allem bunt.
Pınar Karabulut liebt Orange, Himmelblau, am meisten Rosa, ohne dass wir gleich eine Hommage an den Filmregisseur Praunheim dahinter vermuten müssten. Es geht überhaupt nicht provokativ oder auch nur veristisch zu – die Milde ist beinahe verstörend. Das Kloster wird entgegen der aufklärerischen Tradition als märchenhafter Ort voller Farben und Frohsinn gedeutet, durch den die gefangenen Frauen als niedliche Käfer trippeln. Sicher, die Nonnen dürfen nur an drei Tagen des Jahres in den Garten, und «Suor Angelica» spielt an einem dieser Tage; aber am Ende ereignet sich ein Selbstmord. Dieses Ende gestaltet Mané Galoyan durchaus berührend, obwohl sie in einer blauen Wurstpelle ...
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Opernwelt November 2023
Rubrik: Panorama, Seite 59
von Volker Tarnow
Es nützt nichts, wir müssen über den Fall Kent Nagano sprechen. Der US-Amerikaner mit japanischen Wurzeln hat hauptsächlich im Europa eine respektvoll aufgenommene Karriere absolviert, deren Rang und Prominenz gemessen an der künstle -rischen Ausbeute doch einige Rätsel aufgibt. Die Premiere von Modest Mussorgskys «Boris Godunow» an der Hamburgischen Staatsoper in...
Salome, schönste Blume des Morgenlands? Nein, falsches Stück, falsches Genre. «Die alte Hur’ is net umzubringen», soll Robert Stolz über seinen (nach der Prinzessin benannten) «orientalischen Foxtrott» gesagt haben. In der Volksoper Wien aber steht nicht etwa irgendeine Stolz’sche «Salome»-Revue auf dem Programm, sondern Strauss’ seinerzeit skandalös-monströser...
Es ist ein altes Lied im Opernkanon: Die Frau, die zu stark ist, wird entweder brutal ermordet, begeht Selbstmord, tanzt in den Wahnsinn oder löst sich anders tragisch auf. Was zu stark ist, muss zerstört werden, um die alte Ordnung wiederherzustellen. Und dies ist nicht das einzige Problem: Um den Ausstattungswert zu erhöhen, wird die Handlung oft in märchenhafter...