Laborkitsch

Björk/Hotel Pro Forma: Vespertine
Mannheim | Nationaltheater

Opernwelt - Logo

In den 1990er-Jahren flutete die emblematisch unter ihrem Vornamen bekannte Isländerin Björk Guðmundsdóttir den westlichen Pop mit weltmusikalischen Spährenklängen. Eine große Sängerin ohne Schmelzstimme, ein Stilmodel ohne kurvige Ausstrahlung – und in summa bedeutender, als es die Fragilität dieser Frau suggeriert. Björk: charismatisch-ungreifbar, ein Phänomen, oszillierend zwischen Pop, Kunstgewerbe und Avantgarde. 2001 brachte sie ihr Album «Vespertine» heraus.

Das Magazin «Rolling Stone» japste: «Das beste Solo-Album ihrer Karriere», obwohl sie immer noch singe wie ein «in Arrest genommenes Schulmädchen», mit einem «vokalen Regenbogen fragilen Zwitscherns, in flehendem Falsett».

Dieses Album setzt mit knapp 56 Minuten Laufzeit und 12 Tracks Maßstäbe einer vibrierenden Zeitgenossenschaft – und wirkt zugleich der Zeit enthoben. Noch heute hat das Frische, weil hier eine Stimme bekenntnishaft in der ersten Person Singular zu hören ist. Am Abend des 11. September 2001 trat Björk trotz der Ereignisse in New York mit der «Vespertine»-Produktion in Stuttgart vors Publikum. Es muss ein gespenstischer Abend gewesen sein, denn die Kernbotschaft des präsentierten Werks kollidierte mit ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Juli 2018
Rubrik: Panorama, Seite 43
von Götz Thieme

Vergriffen
Weitere Beiträge
Wucht und Balsam

Oper als Welttheater, wuchtig-robust, gleichwohl dauernd absturzgefährdet: So etwa wäre Verdis «La forza del destino» zu charakterisieren, ein Werk nah an Kolportage und Kitsch, dennoch und zudem ein immenser Ausblick auf die condition humaine nach Art Victor Hugos – der ungewöhnlich vollmundige Titel, die jäh wechselnden Schauplätze zwischen Adelspalast, Kloster,...

Erschütternd, grandios

Hans Gefors, einer der führenden schwedischen Komponisten, hat bereits eine Vielzahl an Auftragswerken für namhafte Opernhäuser seines Landes vorzuweisen. Die Oper «Parken» («Der Park» ), sie basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück von Botho Strauß, schrieb er allerdings für die Internationalen Mai-Festspiele in Wiesbaden, wo das Werk 1992 auch aus der Taufe...

Empathie am toten Mann

Heiner Müller hielt es mit Mephisto: «Du grinsest gelassen über das Schicksal von Tausenden hin.» Fausts Vorwurf, bekannte der Chefdramatiker des deutschen 20. Jahrhunderts kurz nach dem Ende der DDR, beschreibe «eine Haltung, von der ich mich nicht freisprechen kann. Die ist gewachsen in den zwei Diktaturen, die ich erlebt habe.» Seine «Rüstung» gegen die auf...