Klingendes Spiel
Jeder Komponist wandelt sich während seines Schaffensweges. Trotzdem sind die für das Lebenswerk György Ligetis charakteristischen Änderungen sehr überraschend. Im 20. Jahrhundert kann man sie, wenn überhaupt, nur mit Igor Strawinskys kompositorischer Vielseitigkeit vergleichen. Ligeti geht noch über Strawinsky hinaus: Bei einigen Werken glauben wir einen anderen, neuen Komponisten zu treffen. Da ist einerseits die mächtige, unablässige schöpferische Produktivität eines Künstlers, mehr als fünfzig Jahre anhaltend und reich an Meisterwerken.
Andererseits spürt man eine kontinuierliche Wandlung, manchmal nur einen Hauch, aber nicht selten eine beträchtliche Metamorphose, die Ligetis Werken immer neue Frische schenkt.
So sehr das Ergebnis seiner Arbeit originell und innovativ war: Bei der Entstehung einiger Werke reagierte Ligeti auf die Musik anderer Künstler. Gegenstand der Inspiration konnte ein Madrigal der Renaissance sein oder mittelalterliche Kirchenmusik, die Kultur klassisch-romantischer Kammermusik oder Konzerte, europäische oder entlegene Volksmusik. Vor allem jedoch gingen Ligetis schöpferischer Tätigkeit ästhetische Überlegungen voraus, die auf die Veränderungen in der ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Alceste ist tot, die Partie zu Ende. Die Protagonistin aber sitzt die letzten zehn Minuten der Aufführung noch an der Rampe: still, ohne zu singen, das ganze Drama um Leben und Sterben noch einmal rekapitulierend. Die kleinen Bewegungen ihres Kopfes, die Verschattungen des Blicks erzählen. Alceste blickt aus dem Jenseits zurück auf die Welt, auf Hoffnungen und eine...
Opernwelt Die Erosion des sogenannten Bildungsbürgertums lässt sich leicht mit zwei Zahlen konkretisieren: Im Jahr 1958, ergab eine Studie, waren 58 Prozent der Opernbesucher in Deutschland unter fünfzig. Im Jahr 2005 waren es noch 26 Prozent. Was damit verschwindet, ist zweifellos auch ein Common Sense über das, was kulturell wichtig ist, was man kennen muss. Was...
Titus kehrt zurück. Keine Oper hatte in Mozarts Jubeljahr 2006 einen so rauschhaften Wiederauftritt wie seine letzte: «La clemenza di Tito». An der bislang überschaubaren Diskografie lag’s wohl auch. Seit früheren Aufnahmen wie denen von István Kertész und Colin Davis (und trotz der späteren von Harnoncourt und Gardiner) schien es, als sei das Werk von der...