Klingende Konstruktionen

Opernwelt - Logo

Diese Musik schwimmt auf leichter Welle, sie krault munter dahin, mitunter scheint sie zu schweben. Joan Albert Amargós’ «Orpheus und Eurydike»-Vertonung verbindet zwei Genres, die Oper und das Marionettentheater. Glücklicher hätte die Stoffauswahl kaum ausfallen können, um die Welten der konventionellen Oper mit ihrem klassischen Gesang auf der einen Seite und das Spiel von Puppen mit ihren durch ein Zungeninstrument bis zur Unkenntlichkeit deformierten Lauten auf der anderen Seite zusammenzuführen.


Hier feiern Drahtzieher Pulcinella und die schicksalsbeladene Mythen-Eurydike ein kammermusikalisches Stelldichein, das der 1950 geborene Amargós liebevoll und bis in Details stimmungsvoll hergerichtet hat. Allerdings weiß der Hörer nie so ganz genau – und eigentlich soll er es auch nicht wissen –, was gerade wie gemeint ist. Denn «Eurídice y los titres de Caronte» ist ein Spiel auf doppeldeutigem Boden, ständig schaukeln Leben und Tod, Spott und Trost ineinander und zueinander. Eine Klang gewordene Dekonstruktion, sozusagen.
Das einstündige Werk, das beim Festival Grec 2001 in Barcelona uraufgeführt wurde und ein Jahr später in Lörrach auch deutschen Boden erreichte, ist Amargós’ erste ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Dezember 2005
Rubrik: CDs, Seite 63
von Christoph Vratz

Vergriffen
Weitere Beiträge
Puccini: Tosca

Wir schreiben das Jahr 1973, gerade hat der Diktator Pinochet in Santiago de Chile die Macht an sich gerissen. Also gibt es in dieser «Tosca» keine Kirche mit Kapellen und einem Maler bei der Arbeit, sondern einen schlichten Raum mit eingemauerter Madonna und angrenzendem Fotolabor, das auch eine konspirative Wohnung sein könnte. Später, wenn die Musik des Te Deum...

Historiendramen

Drei «historische» Aufführungen der «Forza» sind derzeit auf DVD erhältlich: der im Bild unzumutbare Mitschnitt vom 15. März 1958 aus Neapel mit Renata Tebaldi, Ettore Bastianini und Franco Corelli (Hardy Classics Video), die Aufzeichnung der Urfassung aus Petersburg unter Valery Gergiev von 1995 in den Bühnenbildern der Uraufführung (Kinowelt), und jetzt bei...

Original und Palimpsest

Dichtertum und Trunkenheit: Man kennt das in Graz. Werner Schwab starb vor fast zwölf Jahren in der Sil­ves­ternacht, Magic Wolfgang Bauer erst vor wenigen Wochen, beide wohl an alkoholischer Erschöpfung. So trifft das zerrüttete Bild, das der Titelheld am Schluss von Offenbachs «Hoffmanns Erzählungen» in Tatjana Gürbacas Grazer Inszenierung bietet, einen bekannten...