Kasperletheater und Psychodrama
Es ist schon seltsam: Nie hat man sich so recht mit Keith Warners nachtschwarzem, symbolistischen «Lohengrin» anfreunden wollen – kaum wird er das letzte Jahr gezeigt, da kommt angesichts der verführerischen Sonnenfinsternis-Bilder fast so etwas wie Wehmut auf. Dabei hat sich an Warners statuarischer Personenregie über die Jahre kaum etwas geändert. Dafür wechselten Solisten wie Dirigenten mehrfach, und auch dieses Mal ist es keineswegs so, dass man über die Sänger uneingeschränkt jubeln könnte.
Peter Seiffert gelingt es freilich wieder, sich den Abend über bis zu einer fulminanten Gralserzählung zu steigern, bei der er dem Publikum zeigt: Ich kann’s noch höher, intensiver und schöner! Dagegen hatte es Petra-Maria Schnitzers Elsa, die Gattin des Gralsritters – im Leben wie auf der Bühne – schwerer, verliert doch die Stimme bei allzu heftigen Ausbrüchen an Substanz und Leuchtkraft des Timbres. Beim «bösen» Paar sind die Verhältnisse umgekehrt: Linda Watson – nächstes Jahr die Brünnhilde im neuen «Ring» – hat mittlerweile ihren ausladend hochdramatischen Sopran auch im Fortissimo der Höhe gut im Griff und singt als Ortrud ihren mehr intelligent deklamierenden als singend ...
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Als Patrice Chéreau 1994 in Salzburg Mozarts «Don Giovanni» inszenierte, wagte er ein Tänzchen. Im zweiten Akt, wenn der Verführer seine Canzonetta zur Mandoline säuselt, posierte kein Macho unter dem Balkon von Elviras Zofe, sondern ein halb verrückter Autist begann sich zu drehen, zu steigern, zu verlieren in der Sucht des Eroberns. Es war ein leerer, trippelnder...
Wer Robert Dean Smith nicht bei seinem Tristan-Debüt in Bayreuth und auch nicht im Rundfunk erlebte, kann dies nun auf der bei Oehms Classics erschienenen Best-of-CD nachholen. Dass das Vergnügen nicht so ungetrübt ist wie auf der Festspielbühne, liegt einerseits daran, dass sich die Stimme in der Bayreuther Akustik leuchtender entfaltete, dort wie die von James...
Es scheint, als hätten Barockmusik und Gegenwart einen geheimen Pakt geschlossen. Noch nie wurde die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts so häufig aus den Archiven heraus- und auf die Bühnen bzw. in die Produktionsstudios hineingetragen wie im letzten Jahrzehnt. Nun feiert wieder einer der damals bejubelten, dann vergessenen Komponisten seine Auferstehung: Johann...