Ins Glück getragen
Schon mit den ersten Takten hebt sich ein Glitzervorhang und gibt den Blick frei auf Anna. Sie blättert in einem Lifestyle-Magazin, zieht sich die Lippen nach und rasiert die Waden.
Oder sollten wir es doch mit Manon zu tun haben, die, wie wir gelesen haben, bei einem
gewissen Abbé als Romanheldin auftaucht und später, ebenfalls lange her, von einem Franzosen zum Rätselgeschöpf einer Oper gemacht wurde? Die Lippen, die Waden, die Pose – das ist doch Anna, die schöne Anna, die wir als weltoffene Menschen schon kennen aus der Schmuckwerbung und von den Badewannenpostern in der U-Bahn. Die Anna, die die Callas von heute sein soll, wie unsere Tante in einem Fachblatt las. Die reizende, junge Anna, die von der grausamen PR-Maschinerie so schrecklich gehypt werden soll, wie unsere Freunde sagen, die wieder Freunde haben, die fast jedes Jahr in Salzburg sind. In der Pause schauen wir in das mit schönen Goldbuchstaben geschmückte Programmbüchlein. Da schreibt der Regisseur, er habe seine Aufführung nur für Anna kreieren wollen. Seinen Namen haben wir noch nie gehört, aber er muss eine Größe sein, hat für Madonna und Michael Jackson und am Broadway arbeiten dürfen und kommt vom Film. Wie ...
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Die französische Sopranistin Sylvie Valayre erzählt im Interview dieses Heftes eine Geschichte, die man erfinden müsste, wenn sie nicht passiert wäre. Sie sang an einem großen deutschen Opernhaus eine französische Arie vor. Natürlich in Originalsprache. Ein Assistent des (im Dunkeln anwesenden) Generalmusikdirektors kam hinter die Bühne und erklärte der Sängerin,...
Kein Wald, keine Grotten, keine Innenräume: Schloss Allemonde ist der verfallende Innenhof einer zinnenbewehrten Burg. Durch schiefe Wände brechen ein paar kahle Baumstämme. Wie dem Stück an diesem Ort (Bühne: Helfried Lauckner) zu begegnen ist, beantwortet Brigitte Fassbaender mit Unentschiedenheit. Mal bedient sie den Symbolismus, mal verweigert sie sich ihm.
Die...
Für die Semiseria «Torvaldo e Dorliska», die er im Herbst 1815 zwischen «Elisabetta» und «Barbiere di Siviglia» für das römische Teatro Valle komponierte, hatte Rossini wie so oft nicht viel Zeit und hat sie deshalb mehr oder weniger aus bewährten Versatzstücken zusammengefügt. Der Eindruck ist entsprechend uneinheitlich: viel schönes Sängerfutter, aber wenig...