In der Klemme
Die staatlichen Theater in Russland sind nicht zu beneiden. Das Kulturministerium versetzt den Kulturschaffenden des Landes einen Schlag nach dem anderen und erinnert immer mehr an ein Propagandaministerium. Nach einem Telefonanruf «von oben» werden Intendanten und Regisseure entlassen, die sich offen gegen den Krieg äußern, ihre Stücke verschwinden aus dem Repertoire. Auch die «hybride» Form des ideologischen Kampfes kommt zur Anwendung.
Im Moskauer Künstlerischen Theater wird zwar mit großem Erfolg das Stück «Serjoscha» (nach «Anna Karenina») aufgeführt, doch der Name von Regisseur Dmitri Krymov ist auf dem Plakat durchgestrichen. Ähnlich ergeht es dem von Kirill Serebrennikov inszenierten Stück «Der Wald», wo man im Programm zwar die Rubrik «Regisseur» findet, aber keinen Namen. Die Aufführung von Stücken lässt sich nicht überall stoppen, umso mehr als jedes Theater, das staatlich finanziert wird, auch Auflagen zu erfüllen hat, sprich: eine bestimmte Anzahl von Premieren und Repertoireaufführungen pro Saison.
In einer noch heikleren Situation befinden sich das Bolschoi-Theater und sein Intendant Wladimir Urin. In den ersten Tagen des Angriffskrieges gegen die Ukraine hatte ...
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Opernwelt Februar 2023
Rubrik: Panorama, Seite 40
von Konstantin Nikischin
Die Frage ist exakt so alt wie die Geschichte der Musik selbst: Soll, darf, kann oder muss man sogar originale Kompositionen bearbeiten, arrangieren, umschreiben, um ihnen andere, neue Facetten hinzuzufügen? Gewinnt ein Klavierstück dadurch, dass man es in eine Fassung für Orchester gießt? Sind die Klangfarben womöglich reicher, wenn man ein Klavierquartett zur...
Dass es neben der italienischen auch eine prosperierende deutsche Barockoper gab, und das nicht nur am Hamburger Gänsemarkt, hat sich anscheinend noch immer nicht herumgesprochen. Italienisch klingt halt schöner, und von der süffigen Countermanie lassen wir uns alle nur zu gern verführen … Wie gut, dass das Theater Heidelberg auf seinem kleinen, feinen Festival...
Herr Wieler, in seinem neuesten Buch mit dem Titel «Vita contemplativa» beklagt der Philosoph Byung-Chul Han die Übereifrigkeit der kapitalistischen Produktionsgesellschaft. Wörtlich heißt es gleich zu Beginn seines umfangreichen Essays: «Die Untätigkeit ist eine Glanzform der menschlichen Existenz. Heute ist sie zu einer Leerform der Tätigkeit verblasst.» Ist...