Herbe, mürbe, dunkle Töne

Mit Antoine Mariottes «Salomé» setzt die Bayerische Theaterakademie einen Kontrapunkt im Strauss-Jahr

Opernwelt - Logo

Der Test: Spukt die Musik des anderen, ­Berühmteren weiterhin durch den Kopf? Sie tut es nicht. Schon nach wenigen Takten, auch wenn Narraboth (hier «le jeune Syrien») auf Französisch die schöne Prinzessin besingt, behauptet sich die Partitur von Antoine Mariotte als Eigenwert. Weil sie eben so anders ist: kein verführerisches Parfüm à la Richard Strauss, kein Rauschmittel, kein brillant gemachtes Oszillieren. Mariottes 1908 uraufgeführte «Salomé» auf Oscar Wildes Text liefert herbe, mürbe, dunkle Töne. Ein Klangtheater der Braun- und Grauwerte.

Dicht, von einer eigentümlichen Melancholie beschattet, auch zum Diffusen neigend. Bei Letzterem ist Gegensteuern nötig. Etwas, was den Beteiligten nicht immer geglückt ist.

Trotzdem: Es ist eine kleine Großtat der Bayerischen Theaterakademie. Noch eine «Così», noch ein gefälliger Händel, so etwas meidet man hier ohnehin. Der scheidende Präsident Klaus Zehelein pflegt ein Stücke-Biotop, das sich vom Immergleichen der großen Häuser unterscheidet. Ob seine Jung-Sänger nun ausgerechnet auf Partien losgelassen werden müssen, die sie mutmaßlich nie wieder brauchen werden, das ist ein anderes Thema. Aber, und dies beweist auch diese Produktion: ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt April 2014
Rubrik: Magazin, Seite 76
von Markus Thiel

Weitere Beiträge
Tschechischer Orpheus

Im Jahr 2012 wurde in Dresden ein Märchenschatz gehoben: Jaromir Weinbergers «Schwanda, der Dudelsackpfeifer» (siehe OW 5/2012). In dieser Oper folgt der Titelheld dem Räuber Babinsky in die weite Welt hinaus, entflammt eine Eisprinzessin, macht dem Teufel das Leben zur Hölle und kehrt dann zurück ins traute böhmische Heim, zu seiner Dorotka. 1927 machte dieser...

Klamauk und Klamotte

Wie «Les Troyens» gehört auch «Benvenuto Cellini» zu den Schmerzenskindern der Operngeschichte. Während die «Trojaner» inzwischen zu Recht als eines der großen Musiktheaterwerke des 19. Jahrhunderts gelten, hat es Berlioz’ 1838 uraufgeführte erste Oper «Benvenuto Cellini» weiterhin schwer. Warum, machte die Aufführung in Münster wider Willen deutlich. Libretto und...

Musik sichtbar gemacht

Steckt in uns allen nicht etwas von Mephisto? Am Schluss der Aufführung nimmt jedenfalls Samuel Youn jenen Platz ein, den zu Anfang Klaus Florian Vogt besessen hat: an einem kleinen Tischchen, das ziemlich verloren auf der Bühnenschräge steht, und wieder sind auf demselben Rund zwei Tänzer aktiv, gleichsam ein dualististisches Prinzip imaginierend – als handele es...