Halfpipe des Lebens
Die Bühne stellt das aufgeschnittene Untere eines Schiffsrumpfs dar, oder eine sehr große Halfpipe. Nicht einfach, da hineinzurutschen; noch schwerer, wieder herauszukommen. Von oben, vom Rand aus, ist es ein Abgrund. Mit Michael Thalheimers Konzept für seinen «Macbeth» an der Opera Vlaanderen hat das zu tun, insofern Henrik Ahrs streng geteilter Raum eine rigide Konzentration auf das bedeutet, was hier der Fall ist, Verdis finsterstes Melodramma über Macht und Tod.
De facto sehen wir Rampentheater, denn das Wesentliche spielt sich vorne und in der Mitte ab: Ziemlich verstört schaut Macbeth uns an, als ihm die blondperückten Hexen seine künftige steile Machtkurve verkünden. Er kann es gar nicht glauben: König? Die Blonden wissen auch schon, wozu ihn seine Lady erst anschubsen muss, dass der Weg zur Macht nämlich über Leichen geht. Craig Colcloughs Macbeth-Bariton ist einer von der gelegentlich etwas gnarzigen Art, der er dann aber auch manches eindrucksvolle Flüsterpiano, allerhand Hohlklänge des Verschwörerischen zuzusetzen weiß. Oder des Entsetzens, wenn er all das Blut bemerkt.
In Thalheimers Inszenierung von Heiner Müllers «Macbeth»-Zuspitzung 2018 am Berliner Ensemble war ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt August 2019
Rubrik: Panorama, Seite 34
von Holger Noltze
Seine berühmte Abhandlung «Jenseits des Lustprinzips», in der erstmals der Begriff des Todestriebs entwickelt wird, veröffentlichte Sigmund Freud 1920. Im gleichen Jahr kam das heute wieder oft gespielte Werk eines anderen Wieners auf die Welt: Erich Wolfgang Korngolds «Tote Stadt». Eine frappierende Parallele. Die erfolgreichste Oper des frühreifen Komponisten...
Die Geschichte stimmt nachdenklich, wenn nicht traurig. Doch der Titel eines wunderbaren Buches von Mirjam Pressler gibt Anlass zur Hoffnung: «Wenn das Glück kommt, muss man ihm einen Stuhl hinstellen». Etwas in dieser Art dürfte Ralf Waldschmidt empfunden haben, als er die Partitur jenes im Jahr 1900 vollendeten Stücks durchblätterte, das nach seiner späten...
Den Psychothriller des italo-amerikanischen Neoveristen mit dem grotesken Bilderbogen des seriellen Nachkriegsavantgardisten, sprich: Gian Carlo Menottis «The Medium» und Bruno Madernas «Satyricon», zu einem Doppelabend zusammenzuspannen, mochte zunächst irritieren, erwies sich aber als höchst hintersinnige, ja geradezu spannende Konfrontation zweier nur scheinbar...