Gemeinsam empfinden

Magdeburgs neue Generalmusikdirektorin Anna Skryleva ist eine akribische Klangforscherin, die das Gespräch auf Augenhöhe sucht

Das Dirigentenzimmer im fünften Stock des Opernhauses besticht durch sachliche Eleganz: blaue Auslegeware, schwarze Sofagarnitur, Besuchertisch und Stühle, im Regal aufgereiht Partituren. An der Garderobe hängt ein schlichtes schwarzes Abendkleid, auf einer Kommode steht eine Dose Kaugummis, daneben ein Parfümflakon. Viel hat sie noch nicht mitgebracht, die Neue, aber auf dem Schreibtisch steht bereits ihr elektrischer Anspitzer für die Stifte, die zahlreich parat liegen; ein Tischstaubsauger entfernt die Hinterlassenschaften des Radiergummis.

Anna Skryleva, Anfang 40, schwarz gekleidet, die blonden Haare am Hinterkopf gebändigt, legt die Noten von Leokadiya Kashperovas h-Moll-Symphonie auf den Tisch. Sie kommt gerade von der Probe, in wenigen Tagen findet das erste Konzert der Spielzeit mit der deutschen Erstaufführung dieses Werks statt. Es ist Skrylevas Einstand auf der Bühne als Magdeburgs Generalmusikdirektorin.

Aber eigentlich ist ihr dieser Titel zu kompliziert. Stattdessen begrüßt die gebürtige Moskauerin die Zuschauer in ihrem Blog mit «Hallo, ich bin Anna!» Sie will Ängste abbauen, ins Gespräch kommen, dem Publikum nah sein und auch ihrem Orchester. Ein Video zeigt ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt November 2019
Rubrik: Magazin, Seite 76
von Nora Sophie Kienast

Weitere Beiträge
Schöner Schein

Draußen vor der Tür lockt die Freiheit, drinnen im Saal das pure Verlangen. Draußen blickt uns von zwei zehn Quadratmeter großen Bannern herab eine kühl-unantastbare Schönheit an und wirbt für das Eau de Parfum «Libre» eines renommierten Duftproduzenten, drinnen im Saal schaut uns eine alles andere als kühl-unantastbare Schönheit an und wirbt für das (fiktive) Eau...

Jecken im Glück

Zwar ist 2019 noch nicht vorbei. Doch müsste ein Wunder geschehen, um dieses Offenbach-Jahr noch zu drehen. Sein Ertrag ist – überschaubar: einige Neuproduktionen, doch kaum neue Perspektiven. Und noch weniger Auseinandersetzungen mit Unbekanntem («Barkouf», der im Oktober in Köln Premiere hatte, war schon 2018 in Straßburg herausgekommen).

Das kalauernde Motto...

Clockwork Switzerland

Kein Sonnenaufgang, keine Gewitterwolken, kein Regenbogen. (Fast) nur Schwarz und Weiß. In Tobias Kratzers Regie von Rossinis Mammut-Oper tragen die Unterdrückten Schwarz, mit weißen Hemden. Die Unterdrücker dagegen – genau wie die Gang um Alex in Stanley Kubricks Film «A Clockwork Orange» – Weiß, mit schwarzer Melone und schwarzen Stiefeln. Auf Rainer Sellmaiers...