Ganz schön divers

Das Holland Festival vagabundiert in Amsterdam zwischen einer choreografierten Neuausschreibung des Turandot-Stoffs, virtuellem Kitsch von Michel van der Aa und Debussys «Pelléas et Mélisande»

Das Schlagwort «kulturelle Vereinnahmung» ist derzeit in aller Munde. Dazu passt perfekt, dass das Holland Festival in Amsterdam gerade eine neue Version des «Turandot»-Stoffs präsentiert hat (Uraufführung: 5. Juni im Muziekgebouw). «Turan Dokht» spielt nicht, wie die populäre Oper von Giacomo Puccini und die Schauspiele von Carlo Gozzi und Friedrich Schiller, in China, sondern im Persien des 5. Jahrhunderts. Der Titel bedeutet «Tochter aus Turan», er verweist auf das Tiefland von Turan in Mittelasien.

Basis der «Geschichte von den Rätseln der Turandocht» ist das Epos «Haft Peykar» des persischen Dichters Nizami Ganjavi. Was der iranisch-niederländische Komponist Aftab Darvishi und die niederländische Regisseurin Miranda Lakerveld mit «Turan Dokht» versuchen, zielt also auf eine «interkulturelle Umschreibung» des bekannten «Turandot»-Plots.

Die Kernhandlung ist hier in einen poetischen Rahmen gefasst, es geht um die heilige Zahl Sieben: Der namenlose Prinz will seine Frau unter sieben Schönheiten wählen, es gibt sieben Kontinente, sieben Planeten, sieben Farben. Ein Fluch bringt die Planeten aus dem Gleichgewicht, die Harmonie zwischen zwei Seelen soll es wiederherstellen. Und ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt August 2019
Rubrik: Magazin, Seite 64
von Regine Müller

Weitere Beiträge
Schwerter und Blüten

Ist Kunst an einen Ort gebunden, oder bemisst sich ihre Qualität gerade daran, ob sie losgelöst von den Bedingungen wirkt, unter denen sie entstand? Auf Bedřich Smetanas dritte Oper «Dalibor» trifft wohl eher Ersteres zu. Anlässlich der Grundsteinlegung des Prager Nationaltheaters 1868 komponiert und uraufgeführt (das dann 15 Jahre später mit einer weiteren Oper...

Gerne populär

Gergely Kesselyák weiß genau, wohin er will mit dem «Operafesztivál», das er vor 18 Jahren in der ehemaligen Eisen- und Stahlstadt Miskolc mit aus der Taufe zu heben half: Leicht zugängliche Stücke aus unserer Zeit sollen Besucher in den Nordosten Ungarns locken, Opern mit süffigen Melodien und klarer Handlung. Anleihen bei Musical, Rock- und Popmusik sind...

Realgroteske

Als Violetta sich am Ende ihrer Vergangenheit erinnert, zieht im hörbaren Hintergrund ein Karnevalszug vorbei: «Addio del passato». Es ist eine treffliche Pointe, dass uns Katharina Gault die im Schlussbild von «La traviata» unsichtbare Spaßgesellschaft vorab in den beiden großen Massenszenen der Oper in farbenprächtiger Deutlichkeit vor Augen führt – als...