Fröhlicher Flaneur

Er war eine der originellsten Stimmen der deutschsprachigen Kulturkritik: Zum Tod von Hans-Klaus Jungheinrich

Diese Leichtigkeit. Sie war eine Gabe, ein Geschenk. Und eine Haltung, die seinen Blick auf die Welt zeitlebens prägte. Hans-Klaus Jungheinrich war ein unstillbar neugieriger, unbestechlicher, blitzgescheiter Beobachter, der in beneidenswert flüssiger Anschaulichkeit beschrieb, was er sah, hörte, erlebte. Auch wenn die Musik das Gravitationszentrum seiner vielfältigen Interessen bildete, so zeugen seine Texte vor allem von dem immensen geistigen Horizont eines Mannes, der sich für Literatur, Malerei, das Kino ebenso begeisterte wie für Architektur, Geschichte – und die Natur.

Ausgestellt hat er diese profund gebildete Weite nie, doch schwingt sie in jeder seiner (oft durch kühne Bilder und Assoziationen belebten) Zeilen mit, die er in schwindelerregendem Tempo produzierte.

Nicht nur in dem kleinen Opernführer «Hohes C und tiefe Liebe», den er 2010 veröffentlichte, 33 brillanten Miniaturen zu Werken von Claudio Monteverdi bis Steve Reich, wird das exemplarisch deutlich: Die Gedanken fliegen freudig und frei, in unterhaltsam geschliffenen Formulierungen. Ob er über Dirigenten, über Symphonik oder tschechische Musik schrieb, die er so sehr liebte – immer ging da ein weise lächelnder ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Februar 2019
Rubrik: Magazin, Seite 66
von Albrecht Thiemann

Weitere Beiträge
Leicht bekömmlich

Taschenuhren, Blechwecker, Kuckucksuhren, Weltzeituhren, alles in goldenes Licht getaucht, dazu dieses Ticken, Klicken, Klingeln. Und mittendrin ein freundlicher Zauberer, Modell Gandalf oder Albus Dumbledore, so hat sich das Michael Ende einst ausgemalt. Am Münchner Gärtnerplatztheater ist Meister Hora ein anderer: eng anliegender roter Asia-Anzug, barfüßig, das...

Groß im Kleinen

Mitte Dezember, ein Samstagmorgen auf dem Hauptplatz in Biel. Markant das in die Häuserzeile eingebaute Stadttheater, davor herrscht Wochenmarkt. Bunt ist das Angebot, es wird gelacht und geplaudert – man kennt sich eben. Vielleicht wird auch über die Opernpremiere von gestern gesprochen, einen Abend mit zwei Einaktern aus dem späteren 20. Jahrhundert. Vor der...

Leere Gesten

Der Mond leuchtet über Illyrien. Zwar nur mattglänzend, aber doch hell genug, um eine Prise surrealer Schönheit auf die Szene zu streuen. Was auch dringend geboten erscheint: Ehedem ein Eiland der Glückseligen, Zauberer und Fantasten, ist der magische Ort arg heruntergekommen: keine Palmen, keine rauschenden Wellen, keine sanften Dünen, nichts davon. Dafür ein...