Forsch, lyrisch und mit Galle
Wagners «Meistersinger» feierten anno 1968 ihren hundertsten Geburtstag. Eigentlich sollte Wieland Wagner die für dieses Jahr vorgesehene Neuinszenierung in Bayreuth übernehmen, doch das Schicksal verfügte es anders, so dass Bruder Wolfgang nach Wielands Tod einspringen musste. Musikalisch blieb alles beim weitgehend Vereinbarten: Karl Böhm dirigierte.
Dass sich nach der Generalprobe plötzlich herausstellte, dass Walter Berry als (erstem) Sachs die Nerven flatterten (so zumindest das Gerücht) und Theo Adam als (Zweit-)Sachs deswegen zum Premieren-Einsatz kam, gehört zu den Unwägbarkeiten des Geschäfts.
Zum 140. Geburtstag der «Meistersinger» anno 2008 liegt nun der Mitschnitt dieser 68er-Produktion bei Orfeo vor – es ist die erste Stereo-Live-Produktion aus Bayreuth, mitgeschnitten vom Bayerischen Rundfunk. Musikalisch ist es eine auffallend geschlossene Aufnahme, ohne große Stars und vokales Gehabe. Der eigentliche Star, so man unbedingt einen sucht, agiert im Orchestergraben. Böhm leitet auf beeindruckend variable Weise. Die Dezentheit der Streicher am Beginn des Flieder-Monologs überzeugt ebenso wie das rauschhafte Glitzern am Anfang der fünften Szene im zweiten Akt und die ...
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