Federnde Kraft
Über Geschmack soll man ja eigentlich nicht streiten. Aber der Buhrufer, der sich beim Premierenapplaus in der Mailänder Scala über den Dirigenten heiser brüllt, besitzt zweifellos einen merkwürdigen. Ist Michele Mariotti doch gelungen, was bei Giuseppe Verdis «I masnadieri» alles andere als einfach ist: dem eher selten gespielten Werk zumindest musikalisch eine dramaturgische Einheit zu verleihen. Unerbittlich treibt Mariotti das Tempo voran, während er das Scala-Orchester zugleich zu schlankem und geschmeidigem Spiel verführt.
Den ersten zwei Akten verleiht er ein rhythmisch federndes Brio, um in den letzten beiden Verdis dunkle dramatische Kraft zu entfachen.
Die dramaturgischen Probleme der 1847 für London komponierten Oper rühren vor allem vom Libretto, das Andrea Maffei aus Friedrich Schillers «Räubern» entwickelte. Als Übersetzer durchaus ein eminenter Kenner der deutschen Literatur, presste Maffei die überspannten Handlungsunwahrscheinlichkeiten des jungen Dramatikers gewaltsam in die alten Schemata der italienischen Oper, was als Melange bisweilen einer Parodie verdächtig nahe kommt. An der Scala versucht Regisseur David McVicar die Oper wieder auf ihre Vorlage ...
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Opernwelt August 2019
Rubrik: Panorama, Seite 41
von Michael Stallknecht
Der Prolog fehlt. Keine Debatte darüber, wer die einflussreichste allegorische Figur auf der Bühne ist. Fortuna, die Schicksalsgöttin, und Virtù, Vertreterin von Tugend und Tapferkeit, sind erst gar nicht angereist. Nur Amor ist erschienen, um den Menschen stupende erotische Energien einzuflößen. Allein, das Singen hat auch der Liebesgott anscheinend verlernt....
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