Fantasien eines Autisten
Wie einem Märchenbilderbuch entsprungen spielen nach altrussisch-folkloristischer Manier gewandete lebende Puppen die Geschichte vom Zaren Saltan, der sich unter drei Schwestern eine Braut erwählt. Er verstößt seine Gattin jedoch, weil sie ihm, als er in den Krieg gezogen ist, angeblich statt eines heldenhaften Prinzen ein Monster geboren habe. Dahinter steckt freilich eine ihm per Brief übermittelte Rache-Mär der zu kurz gekommenen Schwestern und der bösen Base Babaricha.
In der Neuinszenierung von Nikolai Rimsky-Korsakows «Märchen vom Zaren Saltan» an der Brüsseler Monnaie-Oper wird die Vorgeschichte, in der die Zarin Militrissa und der Zarewitsch in ein Fass gesperrt und aufs Meer hinausgetrieben werden, in deftigen Bildern geboten.
Der Regisseur hieße nicht Dmitri Tcherniakov, wenn die Handlung platt durchbuchstabiert würde. Das Märchen ist bei ihm in eine ernste, gar beklemmende Rahmenhandlung eingebettet. Das Geschehen spielt sich in der eingehegten Fantasiewelt des von Zwangsvorstellungen geplagten Prinzen Gwidon ab. Mit einer raffinierten Kombination aus realer Aktion von Sängern und Chören und der Projektion animierter, an Cartoons erinnernder naiver Zeichnungen ...
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Opernwelt August 2019
Rubrik: Panorama, Seite 36
von Josef Oehrlein
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