Facetten des Wartens
Eine Dramaturgie der feinen Art: Intendant Marc Clemeur bezieht an der Opéra du Rhin «Ariane et Barbe-Bleu» von Dukas (siehe OW 6/2015) auf Faurés wenig später entstandene «Pénélope» und gibt sie demselben Regisseur. So entsteht ein ungewöhnliches Diptychon: zwei Opern, die Opernhaftes hinter sich lassen, sich introvertiert geben und doch auf ehrgeizige Weise versuchen, Klassizismus und zeitgemäße, zeitgenössische Musiksprache zu verbinden.
Fauré, ein Liedspezialist, hält das Grundgepräge sogar noch lyrischer als Dukas, er drosselt orchestrale Ausbrüche, setzt auf sublime Farben, kennt sich aus bei fein gegliederter, syntaktisch flexibler Kantabilität. Bei Debussys «Pelléas et Mélisande» fand er die Behandlung der Singstimmen zu spröde und hat seine Konsequenzen daraus gezogen, ebenso aus dem symphonisch-reißerischen Überdruck der «Salome» und den abschattierten Klangmischungen des «Parsifal».
«Pénélope» wird selten gespielt. In Deutschland kam sie erst 2002 als Eigenproduktion auf die Bühne: in Chemnitz, immerhin 90 Jahre nach ihrer Entstehung (siehe OW 6/2002). Im Mittelpunkt steht, das ist entscheidend, nicht die Titelfigur als Individuum, sondern ihr Warten auf Ulysses. Dieses ...
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Opernwelt Dezember 2015
Rubrik: Im Focus, Seite 16
von Stephan Mösch
Opernsänger sollen ja so geldgeil sein. Mi-mi-mi-mi-mi-mehr-Gaaaage! Ich finde das unfair. Wir glauben nämlich, die Dirigenten kriegen zu viel Kohle. Wenn man mal die Menge Klang bedenkt, die sie in den Aufführungen faktisch beitragen. Ein Stöhnen hier, ein Grunzen da – sonst ist von ihnen doch praktisch nichts zu hören.
Aber darüber will ich mich jetzt gar nicht...
Das Streichersextett spielt die ersten Akkorde, da zerreißt ein Heulton den kammermusikalischen Wohlklang. Fliegeralarm, wie üblich. Die Musiker tragen ihre Geigen und Celli gelassen Richtung Bunker, der Hausdiener klappt routiniert den Deckel des Spinetts zu und wartet die Bomben ab. Wir befinden uns im Jahr 1942, zur Zeit der Uraufführung von Richard Strauss’...
Etwas könnte dem Team des Gärtnerplatztheaters schon passieren. Nach Beendigung des Exils, nach all dem Vagabundieren durch die Münchner Ausweichspielstätten, nach dem Wiederbezug des renovierten Stammhauses (wohl im Herbst 2016), könnte sich all das Adrenalin plötzlich verflüchtigen. Jenes Stresshormon, das derzeit für einen Kreativschub nach dem anderen sorgt....