Es geht immer ums Ganze
Herr Zehelein, fünfzehn Jahre Staatsoper Stuttgart unter Ihrer Leitung, das sind fünfzehn Spielzeiten gegen Event-Kultur und für einen künstlerischen Wahrheitsbegriff, der sich von Hegel ableitet und später von Adorno übernommen wurde. Es sind Impulse einer Selbstbefragung und Selbstverständigung: Oper als Bild und Gegenbild der Gesellschaft. Das hat Ihrem Stuttgarter Modell viel Ehre und Aufmerksamkeit gebracht, aber nachgeahmt wurde es eigentlich nie.
Gesellschaftliches Denken ist weniger denn je im Kurs, und viele Opernhäuser gehen, wie der Klassikmarkt, in ganz andere Richtungen. Fühlen Sie sich nicht irgendwo allein mit Ihrem Anspruch?
Nein, gar nicht. Ich denke, wir konnten durchaus Anstöße über Stuttgart hinaus geben, ohne dass wir dabei die Lehrmeister der Nation sein wollten. Entscheidend war, dass der Kunstwille bei unserer Arbeit eine zentrale Rolle spielte. Es war das Bemühen, Grenzen zu überschreiten. Und wenn so etwas gelingt, dann atmet man manchmal «Luft von anderen Planeten», um es mit Schönberg zu sagen. Es atmet sich auch einfach oft besser. Die Kraft dazu ist natürlich unterschiedlich. Es gelingt nicht immer. Es dürfte aber deutlich geworden sein, dass das, ...
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Opernwelt Jahrbuch 2006
Rubrik: Opernhaus des Jahres, Seite 10
von Stephan Mösch, Uwe Schweikert
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