Erotisches Outsourcing

Wien, Mozart: La finta semplice

Opernwelt - Logo

Was tut ein Zwölfjähriger, um seine Frühreife zu demonstrieren? Sich volllaufen lassen wie die Alten? Oder eine Oper schreiben? Natürlich hinkt der Vergleich zwischen Kampftrinker und Genie, trifft sich allenfalls beim Begriff «Rausch», wobei der von außen induzierte gelegentlich den kreativen fördert – als Beispiel mag Mussorgsky dienen. Auch Mozart hat zur Intensivierung seines Schaffensrausches nicht nur mit Billardkugeln gespielt.

Doch mit zwölf war von Stimulanzien bei ihm wohl noch nicht die Rede; der frische Zugriff, wie «La finta semplice» (1768) ihn suggeriert, kommt eher aus der Lust am Spiel, am Auseinandernehmen und neu Zusammensetzen des Herkömmlichen.
In vielem hält der Knabe sich dabei noch an die damalige Konvention, doch wo er sich traut, ist er Zeitgenosse der Zukunft, etwa in der Kunst der musikalischen Charakterporträts. Dass er diese hier noch nicht so entfalten kann wie in späteren Werken, liegt weniger an seiner Jugend als am Libretto eines gewissen Marco Coltellini, das Goldonis Vorgabe in komische Situationen auflistet und irgendwie nebeneinander herlaufen lässt. Die Oper soll auf Anregung von Kaiser Joseph II. entstanden sein, was amüsiert, da sie Elemente ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt August 2007
Rubrik: Panorama, Seite 53
von Gerhard Persché

Vergriffen
Weitere Beiträge
Virtuose Klarheit

Philippe Quinault war für Jean-Baptiste Lully so etwas wie Da Ponte für Mozart: ein umsichtiger Dichter, der von der Bühne her kam und genau wusste, was ein Libretto braucht und worauf es besser verzichtet, um bei der Zensur durchzugehen und beim Publikum anzukommen.
Quinault und Lully hatten vor ihrer Oper «Thésée», die im Januar 1675 im Schloss von...

Wahnsinn und Wahrheit

Ist der Mann verrückt? Nein, ist er nicht. Er hat nur einen ausgeprägten Hang zum Abseitigen. Zudem ist er Brite, somit ausgestattet mit einem sehr speziellen Humor; einem Humor übrigens, von dem man sich in deutschen Neue-Musik-Kreisen durchaus eine Scheibe abschneiden könnte. Mit anderen Worten: Sucht man in der europäischen Szene einen Komponisten, der gegen das...

Rushton: Harley

Da sitzt er also abermals in einem Ölbild fest, der süd­amerikanische Patriarch Gus­tavo Escudero della Torre y Santissima Trinidad. Samt Ehefrau Ester, Tochter Lili und Sohn Gustavito. Vor mehr als fünfzig Jahren hatte ein Künstler namens Medelin den Clan auf Leinwand verewigt – und war über der unvollendeten Arbeit gestorben. Seitdem harrt das Quartett unter dem...