Emotionskino
Die Zauberin ist sauer. Sieht sich verhöhnt. Von der Welt, von den Menschen. Zutiefst gekränkt sind Herz und Verstand, ach was, das ganze Ich. Und exakt so klingt Alcina, wenn sie anhebt zu ihrer Arie «Ah, mio cor, schernito sei!» – von Qualen durchglüht.
Sonya Yoncheva nutzt die sich bietende Gelegenheit von Beginn an: Inbrünstig seufzend, mäandert sie, angetrieben von der unerbittlich insistierenden Academia Montis Regalis unter Alessandro De Marchi, durch die Kanäle ihrer verwundeten Seele, hält inne dort, wo der Weltschmerz wohnt, entblößt ihr Innerstes mit sämtlichen vokalen Finessen, die ihr Sopran bereithält, um schließlich auf dem zentralen Wort «Perché?» in solch gargantueske Traurigkeit auszubrechen, dass sogar die Violinen im Nachspiel schluchzen müssen.
Das ist großes Emotionskino, wie gleichfalls in Almirenas «Lascia ch’ io pianga» und Agrippinas «Pensieri, voi mi tormentate». Dem wirft sich, im raschen Mittelteil, die andere Alcina entgegen, schließlich ist sie, wenngleich leidend, doch eine Königin. Auch diesen würdevollen Furor nimmt man Sonya Yoncheva ab – einmal, weil ihre Stimme in der Mittellage perfekt sitzt und sich von dort so resolut wie ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Der Winter zieht hier nicht als Bedrohung ein. Groß sind die «Flocken», die aus schwarzen, aufgerissenen Säcken quellen, rund, weiß und leicht. Ein Bällebad, in dem man untergehen, wieder auftauchen und sich treiben lassen kann. Es ist ein poetisches Spiel mit Chiffren und Symbolen, das Regisseur Torsten Fischer da treibt, mehr Shakespeare als Schenkelklopfer....
Es muss nicht an einer germano-zentrischen Haltung liegen, gepaart vielleicht mit gewisser Überheblichkeit. Dass das Liedschaffen französischer Komponisten hierzulande kaum eine Rolle spielt, hat vor allem mit der Sprache zu tun. Mit dem Erfühlen und Erfüllen von Nuancen, mit dem (auch hörenden) Bewusstsein für die Delikatesse von Färbungen, Lautformungen und...
Von Giovanni Paisiellos fast einhundert Opern hat nur die Buffa «Il barbiere di Siviglia» auf einem Nischenplatz überlebt. Catania hat im Januar 2016 die späte, 1788 für Neapel geschriebene Seria «Fedra» ausgegraben. Ein Mitschnitt ist bei dem auf Raritäten spezialisierten italienischen Label Dynamic erschienen. Es handelt sich aber keinesfalls, wie das...