Elegante Präzision
Es war Gerard Mortier, der ihn für das Musiktheater gewann. Und das Stück, das der damals, 1982, gerade angetretene neue Intendant der Brüsseler Monnaie-Oper für Karl-Ernst Herrmann und seine Ehefrau Ursel ausgewählt hatte, war Mozarts «Clemenza di Tito». Jenes späte, sinnesprall tragische «Dramma serio», das in seinem psychologischen Tiefgang weit über die barocken Vorläufer hinausweist. Als formsprengender Diskurs der Leidenschaften, als offene Geometrie der Liebe. Die Figuren waren einem leeren, geschlossenen Weißraum ausgesetzt, einem aseptisch kühlen Labor des Eros.
Mit eleganter Präzision wurde da die Macht vergifteter Gefühle, das verschlungene Geflecht der Beziehungen ausgestellt. Als Mortier, inzwischen in Salzburg, die Produktion zehn Jahre später für die Festspiele wiederbelebte, hatte sie nichts von ihrer suggestiven Kraft verloren (siehe OW 10/1992). Die Folge: vier weitere Mozart-Exegesen an der Salzach, darunter ein mit Musik aus allen Schaffensperioden gestricktes Pasticcio («Ombra felice»).
Da gehörte Karl-Ernst Herrmann längst zu den einflussreichsten Bühnengestaltern des deutschsprachigen Theaters – neben Wilfried Minks (seinem Mentor) und Achim Freyer. ...
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