Einfallslos
In der Oper ist er Normalfall: der psychische Aggregatzustand des Außer-sich-Seins. Und eine gewisse Erregung sogar eigentlich die Grundvoraussetzung für Expression durch hochtourigen Gesang. Besonders im 19. Jahrhundert trieb diese Einsicht giftige Blüten; auffällig oft verfallen in den Opern dieser Zeit Frauen dem Wahnsinn. Gaetano Donizettis «Lucia di Lammermoor» ist das berühmteste Beispiel. Auch Vincenzo Bellini wählte als Protagonistinnen gern Damen, die entweder den Falschen heiraten sollen oder den Richtigen nicht kriegen und darüber verhaltensauffällig werden.
So auch Elvira aus «I puritani», der auf dem Weg zum Traualtar der Bräutigam abhandenkommt, worüber sie, auf drei Akte verteilt, wahnsinnig wird. Das Ganze spielt im 17. Jahrhundert in England, als der Puritaner Oliver Cromwell gegen den katholischen König antrat und eine Liebe zwischen einer Protestantin (Elvira) und einem Katholiken (Lord Arturo Talbot) unmöglich war.
«I puritani» erzählt ziemlich umständlich von den Irrtümern und Täuschungen dieser Geschichte, ist dramaturgisch alles andere als ein Meisterwerk, also eigentlich prädestiniert für eine konzertante Aufführung. Doch nun machte sich Rolando Villazón ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt Februar 2020
Rubrik: Panorama, Seite 43
von Regine Müller
Nicht mehr als eine Szene benötigt Yona Kim in ihrer luziden Mannheimer «Carmen»-Inszenierung, um den Zuschauer ahnen zu lassen, was von José zu halten ist – ein Don ist er nicht, wie er den Brief seiner Mutter, den ihm Micaëla gebracht hat, achtlos zu Boden fallen lässt. Das beigelegte Geld dagegen hat er genau gezählt und gierig in die Hosentasche gestopft....
Zahlreiche Sololieder, darunter viele Mehrfachvertonungen, hat Franz Liszt geschrieben, insgesamt 127. Sie sind weitgehend unbekannt, wie ja überhaupt der musikalische Kosmopolit Liszt unter den großen Komponisten des 19. Jahrhunderts der am wenigsten populäre sein dürfte. Wie die Klavierwerke fordern die abseits der Gattungsentwicklung stehenden Lieder von den...
Strukturelle Improvisation – diese Formel trifft ziemlich genau, was Christian Jost anstrebt, wenn er neue Musik erfindet. Vor 15 Jahren brachte die Rheinoper in Düsseldorf sein erstes abendfüllendes Musiktheater heraus: «Vipern», eine griffig konstruierte Kriminalgeschichte aus dem elisabethanischen England. Seither sind sieben weitere Arbeiten für die Bühne...
