EIN INTELLEKTUELLES VERGNÜGEN
Das Werk dürfte weitgehend unbekannt sein. Dies aber nicht ganz zu Recht. Denn mag Joseph Franz von Götz’ 1779 uraufgeführtes Melodram «Lenardo und Blandine» nach der gleichnamigen Ballade Gottfried August Bürgers auch kein genialischer Wurf sein – für die Semiotik des Musiktheaters, für das gattungsimmanente Ineinander von natürlichen und künstlichen Zeichen, die Ambivalenz aus Signifikat und Signifikant spielt das Opus eine durchaus bedeutsame Rolle – jedoch weniger aufgrund seiner musikalischen Gestalt.
Es ist vielmehr der vom Komponisten selbst erstellte Begleit- und Kommentarband mit dem schönen Titel «Versuch einer zalreichen (!) Folge leidenschaftlicher Entwürfe für empfindsame Kunst- und Schauspiel-Freunde», der das Interesse der Wissenschaft auf sich gezogen hat: In den 160 Kupferstichen unternimmt Götz nichts Geringeres als den Versuch, das pantomimische Spiel der Darstellerinnen und Darsteller lückenlos zu dokumentieren – und ganz nebenbei auch noch eine kleine, elaborierte Kulturgeschichte dramatischer Gesten zu schreiben. Auf dem Cover von Arne Stollbergs Buch «Figuren der Resonanz» findet sich eine Auswahl dieser wunderbaren Kunstobjekte. Zugegeben, sie nötigen uns ...
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Opernwelt Mai 2022
Rubrik: Hören, sehen, lesen, Seite 39
von Jürgen Otten
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