Ein Hauch Westafrika
Diese Geschichte ist ein echtes Stück Charleston. Der Schiftsteller DuBose Heyward wurde in der Stadt geboren, er verbrachte sein Leben hier, und die Charaktere und Plätze seiner «Porgy»-Erzählung empfand er denen nach, die er auf der Straße, in Lokalen oder in den Kirchen sah. Der gebürtige New Yorker George Gershwin war mit Charleston immerhin besuchsweise vertraut, hier lernte er die Musik der afroamerikanischen Gullah kennen. Es war also durchaus eine sinnvolle Idee, die 40. Saison des Spoleto Festivals mit «Porgy and Bess» zu eröffnen.
Im gegenwärtigen, nach mehreren Fällen von Polizeigewalt gegen Schwarze aufgeheizten Klima steht das Thema «Rassismus» wieder ganz oben auf der Tagesordnung. Und so stellte sich auch für die Festival-Macher die Frage: Wie umgehen mit einer folk opera, die in einer black community spielt, aber von ausschließlich weißen Künstlern stammt (einschließlich Gershwins Bruder Ira, der einige Song-Texte beisteuerte)? Für die Neuproduktion lud man den in Charleston lebenden Gullah-Künstler Jonathan Green ein, das visuelle Konzept zu erarbeiten. Green zeigt die Catfish Row nicht als einen durch die Sklaverei niedergedrückten Slum, sondern als ein nach North ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt Juli 2016
Rubrik: Im Focus, Seite 20
von Heidi Waleson
Schon merkwürdig, wie routiniert, beinahe ungerührt die Musiker des Wuppertaler Sinfonieorchesters Lulu exekutieren. Der berstende Akkord, mit dem Berg ihr grausames Ende markiert, das zu einem schreienden Memento geschichtete Vertikalbild der Zwölftonreihe, die seiner Wedekind-Oper zugrunde liegt, kommt so verhalten, so beiläufig, als sei nichts passiert....
Kunst braucht Mut zum Risiko. Besonders zeitgenössische, das gilt auch im Musiktheater. Die Australische Nationaloper geht Wagnissen allerdings lieber aus dem Weg. Deshalb müssen die wenigen übrigen Ensembles in die Bresche springen – jüngst kam die State Opera of South Australia in Adelaide diesem Auftrag mit der Uraufführung von George Palmers «Cloudstreet»...
«Heute findet jede Zeitung / größere Verbreitung durch Musikkritiker / Und so hab auch ich die Ehre / und mach jetzt Karriere als Musikkritiker», schnodderte Georg Kreisler in den Sechzigern mit herrlich gerolltem «rrr». Der Rezensent in seinem Song hat von Tuten und Blasen keine Ahnung, dafür rächt er sich an den Künstlern. Er hat mit dem Publikum rein gar nichts...