Editorial September/Oktober 2017

Opernwelt - Logo

In wenigen Wochen sollen die Proben beginnen. Doch ob Kirill Serebrennikov nach Stuttgart reisen kann, um dort, nach zweijähriger Vorbereitung, seine Fassung der erzdeutschen Märchenoper «Hänsel und Gretel» zu inszenieren, ist Mitte August, bei Redaktionsschluss dieses Heftes, völlig offen. Im Mai wurde nach Betrugsvorwürfen gegen das von Serebrennikov seit 2012 geleitete Moskauer Gogol-Zentrum der Reisepass des russischen Film-, Schauspiel- und Opernregisseurs eingezogen. Seitdem kann er das Land nicht mehr verlassen. Noch wird der Inkriminierte formell als Zeuge behandelt.

Doch das kann sich jeden Tag ändern. Inzwischen hat eine auf Betreiben der Staatsanwaltschaft in Untersuchungshaft genommene Buchhalterin des (in der Putin-kritischen Öffentlichkeit hochangesehenen) Theaterzentrums den 48-jährigen Künstler persönlich belastet: Er habe sie angestiftet, Bilanzen zu manipulieren. Stichhaltige Beweise für diese Behauptung wurden bislang nicht vorgelegt. Überhaupt deutet vieles darauf hin, dass es hier vor allem darum geht, einen unangepassten, politisch unbequemen Geist zum Schweigen zu bringen. Sergio Morabito, Chefdramaturg der Oper Stuttgart und intimer Kenner der russischen ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt September/Oktober 2017
Rubrik: Editorial, Seite 1
von Jürgen Otten & Albrecht Thiemann

Weitere Beiträge
Unter Beschuss

Der Boden schwankt. Da entgleitet etwas. Bereits im ersten Takt von Alban Bergs «Wozzeck» enthüllt die Partitur das Innerste dieser Oper: Zwei Akkorde in den Streichern, durch ein Glissando verbunden, bringen Form und Inhalt auf den Punkt. «Er macht mir ganz schwindlich», grantelt der Hauptmann wenig später zu Wozzeck, und genau diesen schwindelerregenden Wahn...

Mummenschanz

Eines war von vornherein klar: Hier gilt’s dem Gaudium. Hier ist nichts ernst zu nehmen, wenn ein Stoffesel, mit zwei Menschen befüllt, im Kaiserhof des Klosterneuburger Stifts seine Runden trabt. Das 20-jährige Jubiläum der sommerlichen Opernspiele sollte ordentlich gefeiert werden, am besten mit einer handfesten Komödie, noch besser mit einer, die zum...

Young Conductors Award

Debussys Waldgeist blinzelt noch ein wenig verstohlen in die Nachmittagssonne. Als setze ihm die flimmernde Luft, das glitzernde Licht, die schwebende Zeit zu. Das «Prélude à l’après-midi d’un faune» hat sich Marie Jacquot (*1990) als Entrée für ihr Konzert im Großen Saal des Mozarteums ausgesucht. Ganz schön mutig. Vor sich hat sie die Camerata Salzburg, die...