Doppelt gesehen

Purcell: The Indian Queen ANTWERPEN | OPERA BALLET

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Der vielleicht bewegendste Moment ereignet sich fast nebenbei gleich am Anfang, noch bevor das komplizierte, etwas ermüdend hin- und herwogende Geschehen um Macht, Liebe, Krieg und Freundschaft im präkolumbianischen Peru und Mexiko abrollt, noch vor den Staats- und Privataktionen um den Kriegshelden Montezuma und die Inkatochter Orazia (die er begehrt) und die (falsche) Indian Queen Zempoalla (die ihn begehrt).

Für den Prolog zu John Drydens heroischem Trauerspiel hat Purcell diese kleine Szene unter kleinen Menschen komponiert: Ein Junge weckt seine Freundin aus sanftem Schlummer unter Platanen, weil Kriegstrompeten schallen und ihr Land überfallen werden wird: «By ancient prophecies we have been told / Our land shall be subdu’d by one more old ...» 

Samuel Boden singt das anrührend einfach und kunstvoll zugleich. Ohnehin wird durchweg gut gesungen, aber ohne alles Glänzen-Wollen, die Solistinnen und Solisten treten nach ihren Nummern wieder in den feinen Chor von Emmanuelle Haïms Astrée-Ensemble zurück. Sie spielen nicht große Oper, denn Purcells Opus ultimum, unvollendet dazu, ist ja auch keine, sondern eine seiner fünf Semi-Operas, die den englischen Sonderweg des ...

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Opernwelt Mai 2023
Rubrik: Panorama, Seite 46
von Holger Noltze

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