Dirigenten des Jahres
Kirill Petrenko
Für ihn gilt, weit mehr als für andere Granden seiner Zunft, ein Satz von Elias Canetti aus dessen Essayband «Masse und Macht»; ein Satz, der allzu gerne unterschlagen wird. «Der Dirigent», heißt es da relativ zu Beginn, «hält sich für den ersten Diener an der Musik. Er ist von ihr so erfüllt, dass ihm der Gedanke an einen zweiten, außermusikalischen Sinn für seine Tätigkeit gar nicht kommen kann». Kirill Petrenko hat sein Tun immer so verstanden: als Dienst am Werk.
Er, der Maestro (der sein Amt als Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper im Sommer niedergelegt hat), verschwindet dahinter, aber nur, um das von ihm Gestaltete in umso mannigfaltigeren Farben aufscheinen zu lassen. Und das buchstäblich: Petrenko dirigiert im Grunde nicht Oper (im Sinne des lateinischen Ursprungs dieses Begriffs dirigere – leiten, lenken, führen), er leuchtet sie aus wie ein Lichtdesigner, nur eben mit einem Zauberstab in der Rechten. Das Überwältigende daran ist – neben einer schier unfassbaren Präzision – die Hartnäckigkeit, mit der er, wie beispielsweise in dieser Spielzeit bei der «Toten Stadt» von Erich Wolfgang Korngold in München, noch die unsichtbarsten Ecken dieser ...
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Opernwelt Jahrbuch 2020
Rubrik: Bilanz des Jahres, Seite 50
von Red.
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