«Die Welt ist größer, als wir denken»

Mit der sich auf ein Gemälde von Jan Vermeer beziehenden Roman-Vertonung «Girl with a Pearl Earring» hat Stefan Wirth seine erste Oper komponiert. Ein Gespräch über Klangfarben, subjektive Sichtweisen, Angstschwindel sowie unfassbare Umwälzungen

Herr Wirth, Sie sind nicht nur als Komponist, sondern auch als Pianist ein erfahrener Praktiker der Neuen Musik. «Girl with a Pearl Earring» ist Ihre erste Oper. Wie kam es dazu?
Ich wollte schon immer eine Oper schreiben. Schon als Kind habe ich obsessiv Werke wie «Salome», «Elektra» und «Jenůfa» gehört.. Der wesentliche Impuls kam dann von außen. Daraufhin habe ich fieberhaft nach einem Stoff gesucht und mich während dieser Suche wieder an den Roman «The Girl with a Pearl Earring» von Tracy Chevalier erinnert, den ich vor 20 Jahren gelesen hatte.

Vor allem die Eröffnungsszene, in der Griet das Gemüse nach dem Farbkreis ordnet, stand mir noch deutlich vor Augen. Das ist überaus musikalisch gedacht, und da wusste ich: «Das ist genau der richtige Stoff für mich.» Dann ging das Tauziehen um die Rechte los; die Autorin war dabei sehr hilfreich und offen. Der Verlag war skeptischer und stellte sich, wohl aus kommerziellen Gründen, eher ein Musical vor. Aber Tracy Chevalier war Feuer und Flamme für die Idee, eine neue, anspruchsvolle Oper zu machen; sie war es auch, die Philipp Littell als Librettisten vorschlug, der sich als Glücksfall erwies.

Wie lange haben Sie an der Oper ...

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Opernwelt Jahrbuch 2022
Rubrik: Uraufführung des Jahres, Seite 44
von Bernd Künzig

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