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Dresden, Hasse: Cleofide

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Intendant Gerd Uecker wusste, was er wollte: Ein Hasse sollte es sein, zum Schutze des barockopernunerfahrenen Publikums, aber ohne die Hasse’sche Ausführlichkeit. Alessandro di Marchi arbeitete sich also in die ausladende Musiksprache des Sächsischen Hofkomponis­ten ein und brachte Hasses vierstündige Dresdener Debüt­oper «Cleofide» spielend auf gut zweieinhalb Stunden, ohne mehr als acht der dreißig Nummern zu opfern.

Das Kunststück erklärt sich zum Teil aus den überwiegend rasanten Tempi de Marchis, die die nervöse Getriebenheit der Hasse’schen Helden glaubhaft unterstreichen. Zum anderen wurde innerhalb der Arien gekürzt, allerdings nicht plump das Da capo, sondern raffinierter innerhalb der einzelnen Teile jene immer neuen Wiederholungen, die den Stars von 1731 Gelegenheit für spontane Auszierungen und Variationen gaben und von modernen Allround-Sängern weder zu improvisieren noch in diesem Ausmaß wohl auch zu bewältigen sind. So wurde die ABA-Form dem Schein nach erhalten, die weniger bekannte Riesenform des Hasse’schen Arien-Typs aber hier und dort aufs Gardemaß gestutzt. Den überzeugendsten Eindruck von dem, was Hasses Kunst vielleicht einmal gewesen sein könnte, erhielt ...

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Opernwelt Mai 2005
Rubrik: Panorama, Seite 49
von Boris Kehrmann

Vergriffen
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