DIE HELDEN sind müde
Hüpfende Quadrate, kreisende Kaleidoskope und ineinander verschlungene Helixe flimmern in unaufgeregtem Schwarzweiß über die Leinwand des Babylon-Kinos am Rosa-Luxemburg-Platz. Es ist eine der vielen Spielstätten, die im Rahmen des BAM!-Festivals eine bunte Auswahl musiktheatralischer Neuschöpfungen zeigen. Neben den jungen Wilden der freien Szene sind auch alte Hasen dabei, wie etwa Herbert Fritsch, der ein 70-minütiges Filmkonzert namens «Bilderschoner» beigesteuert hat.
Während des Lockdowns experimentierte Fritsch auf seinem Laptop mit abstrakten Formen, die nun von den Musikern Ingo Günther und Taiko Saito an Piano und Vibrafon live begleitet werden.
Der erfahrene Zuschauer merkt sofort: Hier haben wir es mit einer Kritik an der Reizüberflutung durch visuelle Medien zu tun! Das ständige Bombardement aus bewegten Bildern, das fester Bestandteil unseres Alltags geworden ist, wird durch die Beliebigkeit der geometrischen Formen in überzeichneter Form reproduziert und in Frage gestellt. Diese Art der Gesellschaftskritik ist schön und gut, wirklich neu ist sie nicht. Weil die fließenden Formen irgendwie an Pausenbilder alter Windows-Computer erinnern, mutet das ganze eher ...
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Opernwelt 6 2022
Rubrik: Magazin, Seite 102
von Anna Schors
Eine Mutter tötet ihre Kinder, kocht deren Herzen aus und setzt sie ihrem Ehemann zum Fraß vor. Das Musiktheater «Gudruns Lied» des isländischen Komponisten Haukur Tómasson basiert auf der altisländischen Version der Nibelungensage aus der Edda-Dichtung. In einer Bühnenfassung der Regisseurin Elisabeth Stöppler erlebte das 1996 uraufgeführte, mit dem renommierten...
Was deutsch sei? Gute Frage. Schwierige Frage. Dieter Borchmeyer, der sich auch als Wagner-Exeget viele Meriten verdient hat, ging ihr in einem beinahe 1.000 Seiten langen Opus nach: «Was ist deutsch?», erschienen im März 2017, las sich wie der weltanschaulich-historisch-politisch-philosophische Versuch, einem Phänomen auf die Spur zu kommen, das im Unklaren doch...
Und was ist denn die Kunst? Sie gleicht den schönen blauen flackernden Flammen, die zuweilen über dem Herd sich erheben, alles Übrige aber ist Zerstörung, Vernichtung. Dass sie bildend leuchten soll während einer tatenreichen Zeit, das ist freilich der Traum.» Betroffen vernimmt man diese Sätze, die Richard Wagner zu seiner Frau Cosima am 21. Dezember 1870 gesagt...