Die Hähne haben Husten

Florian Götz singt, begleitet vom Grundmann-Quartett, Schuberts «Winterreise»

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Was ist das doch für ein wunderlicher, wahrer, weltumspannender Satz: «Fremd bin ich eingezogen, / fremd zieh’ ich wieder aus.» In wenigen Worten beschreibt der Dichter Wilhelm Müller eines der zentralen Dilemmata aller Zeiten – die Unbehaustheit des Menschen (im Äußeren wie im Inneren), seine Angst vor dem Verlust der Heimat, an Zuneigung, an Liebe, kurzum: dem Verlust der Essenz.

Franz Schubert hat dies im Vorspiel zum ersten Lied seiner «Winterreise» kongenial verklanglicht, mit jener absteigenden Linie, die dem imaginären Wanderer offenbart, wohin sein Weg vermutlich führen wird. Nur wie klingt das so seltsam, wenn es von einem Englischhorn gespielt wird, das nicht den Hauch von Tristans Leid an Cornwalls Küste zu entfachen vermag, so quengelnd-quäkend, so biedermeierlich verspannt.

Nein, man wird nicht warm mit diesem Klang. Auch in der Folge nicht. Und das liegt weniger an der Kunst des Arrangeurs (und Englischhornisten) Eduard Wesly, der den Pianoforte-Part der «Winterreise» seinem Instrument sowie einem Streichtrio aus Violine, Viola und Violoncello «überschrieben» hat (welches in Gänze unter dem Namen «Grundmann-Quartett» firmiert), als vielmehr in der Tatsache begründet, ...

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Opernwelt Juni 2024
Rubrik: CD, DVD, Buch, Seite 32
von Jan Verheyen

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