Der Unzeitgemäße
Bis heute ist er umstritten. In Jürgen Kestings neuer, zweieinhalbtausend Seiten umfassender Ausgabe von «Die großen Sänger» sind Max Lorenz gerade mal eineinviertel Seiten gewidmet. Unter der Überschrift «Hitze und Hysterie» heißt es, sein Singen habe «den Charme des Kasernentons». Und dann wird Hitlers Parade-Siegfried mit einem einzigen Satz vernichtet: «Es gibt keinen Tenor von Rang, in dessen Singen die Rhetorik jener Zeit so grell und grässlich widerhallt wie bei diesem Irrweg zu Wagner.
» Die Zeitzeugen, die der neue Film von Eric Schulz und Claus Wischmann vor die Kamera lädt, sind da anderer Meinung – und doch absolut unverdächtig. Die Jüdin Hilde Zadek schwärmt mit leuchtenden Augen vom größten Heldentenor, den es je gab; Waldemar Kmentt erinnert sich mit Tränen in den Augen an ein zutiefst menschliches Vorbild; Dietrich Fischer-Dieskau erinnert daran, dass der Klang von Lorenz auch lange nach dem Zweiten Weltkrieg eine Art Idol war und dass heute nichts Vergleichbares existiert. Im Vergleich mit Lorenz, fügt er schmunzelnd hinzu, sei «alles nur heiße Luft».
Wie wahr! Wenn seit sechzig Jahren darüber geklagt wird, dass es keine echten Heldentenöre mehr gibt (ein Vorwurf, ...
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Da sitzt er nun am Lido in Venedig, so steif wie sein Anzug, und quält sich mit Selbstzweifeln, während die anderen dem bunten Strandtreiben nachgehen. Dichterfürst Gustav von Aschenbach ist vor einer Schaffenskrise nach Italien geflohen, aber seine Lebenslüge holt ihn unbarmherzig ein, und seine unterdrückten Triebe geraten in einen letztlich tödlichen Konflikt...
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