Der Star sitzt im Graben
Ist’s nun eine Hommage an das realistische Musiktheater? Oder doch eher Bühnensymbolismus? Oder wird hier Büchners und Bergs harter Sozialrealismus mehr oder weniger mutwillig gegen den Strich gebürstet? Um es gleich zu sagen: Der «Wozzeck» an der Opéra de Dijon ist ein großer, ein großartiger Abend geworden. Weil die Regisseurin Sandrine Anglade, bekannt für ihre Arbeit mit der eigenen Compagnie und ihre gleichermaßen ausgeprägte Neugier für Oper und Schauspiel, tief in das Stück, in die Musik hineinhört. Sich nicht von Klischees oder Moden leiten lässt.
Der nachhaltige Eindruck der Produktion hat viel mit dem rundum gelungenen Zusammenspiel aller Beteiligten zu tun. Das SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg sitzt nun mal nicht alle Tage im Graben. Auch wenn sich viele Opernintendanten das wegen seiner beispiellosen Kompetenz für Zeitgenössisches und die klassische Moderne wünschen dürften.
Sandrine Anglades bewegliche, ästhetisch schlüssige Regie zielt aus Abstraktem ins Konkrete, sie betont die Zeitlosigkeit des Meisterwerks. Tief prägen sich die Bilder ein, die sie mit ihrem kongenialen Bühnenbildner Claude Chestier gefunden hat. Leer ist die Bühne, schwarze ...
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Opernwelt Juli 2015
Rubrik: Panorama, Seite 36
von Alexander Dick
Er war stets genau so alt wie sein Jahrhundert. Man konnte das symbolisch sehen: Ernst Krenek (1900-1991) gehörte zu den zeitbewusstesten Musikern und Intellektuellen, zugleich zu den vielseitigsten Künstlern seiner Epoche. Mit dem spröde-erratischen Musikdrama «Karl V.» suchte er, in expressiv aufgeladener Quasi-Zwölftontechnik, aus konservativ-idealkatholischer...
Die Musik klingt, als wäre ihr die Buße für eine unbekannte Schuld auferlegt. Vielleicht die der späten Geburt. Bedenkt man, dass bereits 1965 – ein halbes Jahrhundert vor dieser Uraufführung von Jan Klusáks «Philoctetes» Mitte Mai 2015 im Antonin-Dvorák-Theater zu Ostrava – am gleichen Ort ein Happening John Cages mit Merce Cunningham und Robert Rauschenberg über...
Eine Goldküsten-Residenz, gebaut im tadellosen Schick nicht mehr ganz aktuellen Zeitgeschmacks. Ein Schlafgemach in Crème neben dem kühlen Speisesaal. Ein holzvertäfelter Flur, ein marmoriertes Büro, alles standesgemäß dimensioniert – die schönsten Interieurs sind eben doch in Zürich zu sehen. Ben Baurs Bühne schiebt sich hin und her, der Bildausschnitt wandert von...