Das ist ein Glück
Die Bühne war ihm schon als Kind Sehnsuchtsort. Dort wollte er hin und den lieben langen Tag im Grunde nur eines tun: spielen, spielen, spielen. So war es fast zwangsläufig, dass Jürgen Flimm, geboren in Gießen, aufgewachsen in Köln, früh begabt auch als Autor, zum Theater kam, wo er sich als Regisseur, zunächst im Schauspiel, einen großen Namen machte, vor allem mit seinen Tschechow-, Büchner- und Shakespeare-Inszenierungen.
Bereits 1978 inszenierte der Menschendurchschauer und Atmosphärenzauberer mit Luigi Nonos «Al gran sole carico d’amore» auch erstmals ein Werk des Musiktheaters. Und fuhr fortan mit Erfolg zweigleisig. Was seine Regiearbeiten, von denen er selbst lediglich gut zehn Prozent als wirklich gelungen bezeichnet, stets prägte, war ein gleichsam humanistisch getünchter Esprit, eine Tiefgründigkeit, die das Heitere indes nie ausschloss. Das Gespräch mit ihm, geführt auf seinem Landsitz in Schleswig-Holstein, ist der beste Beweis
Herr Flimm, was ist der Unterschied zwischen Kunst und einer Laune?
Kunst ist ewig, eine Laune hingegen nur ein kurzfristiges Gefühl. Kunst gibt es immer, sie ist immer wiedererkennbar, eine Laune ist nicht wiedererkennbar, die vergeht ganz ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt Jahrbuch 2021
Rubrik: Jürgen Flimm, Seite 138
von Jürgen Otten
Vor einem Jahr war eben mein Buch über die digitale Revolution und über die Chancen und Risiken für die Kunst im Internet erschienen («World Wide Wunderkammer», Edition Körber). Vorschlag: das Internet nicht dem Unsinnigen und Hassenswerten zu überlassen, sondern es zu nutzen zur Ermöglichung ästhetischer Erfahrung, auch des Musiktheaters, und vielleicht...
Ein guter Regisseur zeichnet sich, wie ebenfalls ein guter Dramatiker, dadurch aus, dass er die Wirklichkeit vermittels einer Fabel zu überhöhen weiß. Einem großen Regisseur gelingt es zudem, die Protagonisten dieser Fabel zu radikal authentischen (und autonomen) Bühnengestalten zu formen. Lorenzo Fioroni kann das, das zeigte sowohl seine Inszenierung von Dusapins ...
Die dritte Welle der Pandemie scheint überstanden. Man blickt zurück. «À la recherche du temps perdu»? Nein, eine «verlorene Zeit» ist es nicht gewesen. Es war eine Zeit des Innehaltens, eine Zeit zum Ordnen von Eindrücken, zum Überdenken von Positionen, auch eine Zeit des In-Frage-Stellens. Was ist haften geblieben von den Eindrücken, wie Oper unter erschwerten...