Chamäleon
Für den Tod wurde es eine Hängepartie. Das Schach-Match, im Mai 1976 mit der ersten Krebsdiagnose begonnen, endete erst im April 2020. Sich selbst sah Peter Jonas dabei als Ritter, als spielendes, tricksendes Gegenüber des Sensenmanns. So wie es Ingmar Bergman in «Das siebente Siegel» erzählt. Der Film sei «Symbol meines Lebens», pflegte Jonas zu sagen, immer wieder auch seiner Biografin gegenüber. Als Julia Glesner die Arbeit aufnahm, drängte der Porträtierte – schnell müsse es gehen. Das Matt zeichnete sich schon ab.
Der Umgang mit der tödlichen Krankheit, die Verdrängung, die Kämpfe, die vielen Triumphe, die dadurch gewonnene innere Freiheit, all dies ist Leitmotiv in «Oper für alle», diesem Buch über eine der erstaunlichsten Intendantenfiguren der vergangenen Jahrzehnte. Eigentlich wirkte Peter Jonas, der 1946 in London geboren wurde und sich 1999, nach dem Ritterschlag der Queen, gern Sir nennen ließ, an nur drei Institutionen. Als er Assistent Georg Soltis beim Chicago Symphony Orchestra wurde, war dies ein Freischwimmen im eiskalten Wasser. Jonas, der Musiknarr, der durch ständige Stipendien gedeckte Bummelstudent, hatte zwar große Repertoirekenntnis, von Management aber ...
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Opernwelt Juli 2021
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 38
von Markus Thiel
Seit fast drei Jahrzehnten steht die Sopranistin Sandrine Piau im Rampenlicht. Zusammen mit Véronique Gens verkörpert sie die Wiederkehr jenes typisch französischen Gesangsstils, der Virtuosität mit Lyrik, Eleganz mit Tiefgang, nicht zuletzt verbale Nuancierung mit vokaler Differenzierung verbindet und mit Ninon Vallin und Suzanne Danco dahingegangen schien. Wie...
Duisburg
«Romeo und Julia»
Wer Charles Gounods Vertonung des Shakespeare-Stoffes im Ohr hat, wird sich selbiges einigermaßen verwundert reiben. Diese Musik ist ganz anders: spröder, kühler, distanzierter, ja man könnte sagen: verschrobener. Und das mit Grund: Der Komponist heißt Boris Blacher, sein Stück stammt aus dem Jahr 1943. Und entheroisiert das Sujet...
Im Liedgesang ist das vokale Gender Crossing noch immer die Ausnahme. Die Geschlechtergrenzen scheinen wenig durchlässig, Schuberts «Schöne Müllerin» und seine «Winterreise», Schumanns «Dichterliebe» so unbestritten männliches Territorium wie Wagners «Wesendonck-Lieder» oder Strauss’ «Vier letzte Lieder» autochthone Sopran-Domäne. Sängerinnen wie Lotte Lehmann,...