Bildnis einer Dame
Vor vielen Monaten fand eine italienische Musikwissenschaftlerin eine noch unbekannte Oper von Gaetano Donizetti: «Dalinda» – in den ersten zwei Akten quasi deckungsgleich mit Donizettis «Lucrezia Borgia» (1833). Der Rest bis dato: verloren, ungehört. Die verspätete Uraufführung der «Dalinda» Mitte Mai im Konzerthaus Berlin: eine Sensation.
Statt mit der (per definitionem) unehelichen, noch dazu unterdrückten, verdrängten und mit Rufmord bedachten Papsttochter Lucrezia haben wir es hier mit der Perserin Dalinda zu tun, die aus früherer Beziehung einen christlichen Sohn (Ildemaro) hat, nun aber – folgenreich – mit dem persischen Fürst Acmet von Alamut verheiratet ist. Für die halbszenische Inszenierung im Konzerthaus zeichnet die junge Regisseurin Giulia Randazzo verantwortlich. Dezent und klug gestaltet sie die Szenerie, sinnt den Motivationen und Verletzlichkeiten der Protagonisten nach. Dalinda ist dabei keine Unschuldige, hat sie doch Angehörige von fränkischen Rittern einst umbringen lassen. Diese fränkischen Ritter befinden sich aber nun – anlässlich der Feier des Waffenstillstandes zwischen Franken und Sarazenen – im Palast von Persienfürst Acmet. Deutlich vernehmen wir ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt Juli 2023
Rubrik: Magazin, Seite 74
von Arno Lücker
Am Anfang sind da nur Blicke. Spinnenfeindliche, von gegenseitigem Hass durchtränkte Blicke. Hier die Königin von England, im jungfräulich weißen Ornat; dort die Königin von Schottland, ganz in Witwenschwarz gewandet (die wallenden, rauschenden, den Boden geräuschvoll fegenden Kostüme schuf Klaus Bruns). Um sie herum Stille und Leere: vielsagend. Denn zwischen...
Nadia Boulanger, die von 1887 bis 1979 lebte, ist eine zentrale Figur der Musik der Moderne – und dennoch sowohl als Mensch wie als Künstlerin nur sehr schwer fassbar. «Sie ist die Musik in Person», sagte Paul Valéry einmal über sie und fügte hinzu: «Die Musik krönte sich für sie stets mit Intelligenz.» Von ihrem Wirken als Komponistin zeugen zahlreiche Werke aus...
Eigentlich war, sieht man von den Wolken ab, die mürrisch über dem Festspielhaus kreisten und einen missmutigen Blick auf Arno Brekers frisch eingeweihte Wagner-Büste warfen, vieles wie immer an diesem 16. August 1955 in Bayreuth. Auf dem Programm stand Wieland Wagners «Parsifal»-Inszenierung, die ihre Premiere vier Jahre zuvor, bei den ersten Bayreuther...