Berühren statt rühren
Tri-tra-trullala? Gewiss nicht. Der Kasperle, der da im Drillich über die Puppenbühne hetzt, ist nicht der fröhliche Freund der Kinder, sondern eine geschundene, im Wahn zum Mörder werdende Figur. Es ist die Geschichte vom armen Soldaten, dem nach experimentellem Dörrbohnengenuss die Birne weich wird – von Georg Büchner aufgegriffen und von Alban Berg genial in Musik gesetzt.
Dass das Publikum sich indes am Schicksal eines armen Teufels sentimental erbauen könnte, fand Andreas Homoki obszön.
Also entschied der Regisseur der Zürcher Inszenierung von Bergs «Wozzeck» sich gegen jede «Arme-Leut»-Romantik und für eine extreme Stilisierung als makabres Puppentheater nach Art von «Punch and Judy». Zur Kenntlichkeit verzerrtes (Un-)Menschentum, mit Menschen aus Fleisch und Blut als grotesken Puppen. Der großartige Wozzeck Christian Gerhahers (seine Leistung in dieser Partie brachte dem Bariton den Titel «Sänger des Jahres» ein) ist als Einziger nicht der Karikatur anheim gegeben. Dass auch bei ihm durch die Stilisierung ein V-Effekt bleibt, der die Figur unserem undifferenzierten Mitleid entzieht, kommt dem Sänger entgegen, der einmal feststellte: «Es gibt einen notwendigen Unterschied ...
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Opernwelt Dezember 2016
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 30
von Gerhard Persché
JUBILARE
Marjana Lipovsek kam 1946 als Tochter des Komponisten Marijan Lipovsek in Ljubljana zur Welt. An der Musikakademie ihrer Heimatstadt sowie später an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Graz studierte sie Gesang. 1977 erhielt sie ihr Diplom und wurde ein Jahr später in das damals neu gegründete Opernstudio der Wiener Staatsoper...
Im Anfang ein Bild, erschütternd und versöhnlich zugleich. Zwei Schlafende, womöglich Tote, Manon Lescaut und der Cavaliere Des Grieux. Reglos liegen sie im Bühnensand. Ein Spiegel trennt das verunglückte Paar, doch über dem Glas haben sich ihre Hände in einer letzten, zarten Berührung gefunden. Andrea Breth inszeniert erstmals Puccinis (lange nicht sonderlich...
Rechts steckt die Dame vom Sicherheitsdienst ihre Nase in den Rucksack eines Studenten. Ein Riesenriechorgan aus Latex. Und links an der Saaltür blitzen von der Schulter des Programmverkäufers goldene Epauletten: Das Einlasspersonal, das die schnatternden Massen durch das baubedingt unübersichtliche Foyer schleust, stimmt schon mal auf Schostakowitschs «Nase» ein.
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