Foto: Ludwig Olah
So nah, so fern
Wieder am 2. April.
Manchmal sieht man es erst auf den dritten Blick. Wenn Vaters schmuckes Jackett speckige Flecken bekommt, wenn Mutter nur noch Billigstfleisch beim Discounter kauft – oder wenn das Kind nicht mit auf Klassenfahrt kann: Es strauchelt sich schnell in exakt jenem sozialen System, in dem der wahre Status getarnt sein will.
Existenznot beginnt mit kleinen, verhängnisvollen Schritten – nur ob dafür Georg Büchner und Alban Berg die richtigen Anwälte sind? Auf eine Stilisierung, die nicht zu Voyeurismus einlädt und Peinliches provoziert, hat sich die Regie beim «Wozzeck» ja seit Längerem verständigt. Umso überraschender, wenn eine Inszenierung wie am Staatstheater Nürnberg zur Konkretisierung, zur Verdinglichung, viel riskanter: zur Aktualisierung drängt.
Der Abgrund, so suggeriert es Georg Schmiedleitner, klafft also nicht nur vor kleinstädtischen Soldatenfamilien Anfang des 19. Jahrhunderts. Auch der Mittelstand anno 2017 muss sich in Acht nehmen. Es geht den Wozzecks nicht gut. Ledersofa, viele Amazon-Kartons mit Elektronikware, doch an den Wänden finden sich kleine rote Parolen. Und als das Kind einmal sein Plüschtier mit dem Gürtel schlägt, so wie es Papa immer mit dem Hauptmann ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt April 2017
Rubrik: Panorama, Seite 53
von Markus Thiel
Hans Hotter (1909-2003), für eine Dekade der bestimmende Heldenbariton im Nachkriegs-Bayreuth, war von Anbeginn seiner Karriere auch ein herausragender Liedinterpret, wie seine zahlreichen Beiträge zu der legendären Liededition des Pianisten Michael Raucheisen belegen. 1973, da war er schon 64 Jahre alt und nur noch gelegentlich auf der Opernbühne aktiv, wollte er...
Frau Tzavara, was unterscheidet eine Oper für Erwachsene von einem Musiktheater für Kinder?
Generell nicht viel, außer der Länge. Bei Sechs- bis 14-Jährigen liegt der Standard bei 60, 70 Minuten ohne Pause. Wenn wir von Jugendopern sprechen, vertragen die jungen Zuschauer auch schon anderthalb Stunden. Wir hoffen ja immer, dass die Konzentrationsfähigkeit zunimmt. (...
Errare humanum est. Menschen irren, und das ist auch gut so. Ohne Irrtümer gibt es keine Erkenntnis, ohne Fehler wird man selten klug. Die Kritik bildet da keine Ausnahme. Wer urteilt, kann falschliegen. Wer wertet, kann danebenzielen. Kritiker, zumal solche, die sich mit Musik beschäftigen, der flüchtigsten aller Künste, bewegen sich auf instabilem Terrain....