Avantgarde von gestern
An Olivier Messiaen kann man sich reiben – bis heute. Die von ihm nach dem Zweiten Weltkrieg vorangetriebene Schärfung des Denkens in Reihen hat die Serialität zum Herzstück der musikalischen Avantgarde Westeuropas werden lassen. Seine Neigung zu komplexen Rhythmen und aperiodischen Verläufen, zu denen er sich durch die Erkundung der Vogelgesänge inspirieren ließ, war ebenso folgenreich wie der durch fernöstliche Praktiken genährte Umgang mit Klangfarben.
Dass all das mit einem tiefen Glauben verbunden war, dass es sich zu einer Musik fügte, die sich als Gotteslob und nur als das verstand, davon freilich wollten manche der ganz dem technischen Fortschritt verpflichteten Avantgardisten nichts wissen.
Um diesen Zwiespalt geht es bei der jüngsten Produktion von «Saint François d’Assise». Mit der ausladenden Oper Messiaens wollte Benedikt von Peter seine Intendanz am Theater Basel einläuten. Das hat, denkt man die räumlichen Gegebenheiten und die Traditionen in der Musikstadt Basel, seine Plausibilität. Und die Planungen, vor zwei Jahren in die Wege geleitet, liefen ausgezeichnet – bis die Pandemie dazwischenkam. Anders als Aviel Cahn, der «Saint François d’Assise» als Schweizer ...
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Opernwelt Dezember 2020
Rubrik: Im Focus, Seite 10
von Peter Hagmann
Hätte es 1870/71 zwischen Frankreich und Preußen keinen Krieg gegeben, dann gäbe es in Giuseppe Verdis «Aida» wohl weder die «Nil-Arie» noch das Orchestervorspiel zum dritten Akt, das die Atmosphäre einer überhitzten Nacht am Fluss so genial einfängt. Denn weil zum eigentlich für Kairo geplanten Uraufführungstermin Bühnenbilder und Kostüme im belagerten Paris...
Eine «Lucia auf komisch» sei die Sache. Das Libretto «äußerst fragwürdig, an großer Pathetik krankend». So urteilte Brigitte Fassbaender in ihrer so eigenen, ironisch-unwirschen Art. Warum man dann «Dame Kobold» überhaupt riskiert? Es ist die Musik.
Doch zuvor musste Joachim Raffs Dreiakter, 1870 uraufgeführt in Weimar, in die Regensburger Theaterwerkstatt....
Das Ensemble der im Verbund geführten Theater von Biel und Solothurn war startklar – da schlugen die neuesten behördlichen Anweisungen zum Umgang mit der Pandemie ein. Den Schließbefehl mochte man nicht einfach so hinnehmen. Wenigstens die Premiere sollte über die Bühne gehen, und so kam «Casanova in der Schweiz» von Paul Burkhard als «Geschlossene Vorstellung»...