Ausser sich
Das ist der Stoff, aus dem die Depressionen sind. Neureiche Eltern, Emporkömmlinge, bei denen die Selbstreflexion allerdings nicht Schritt hält mit den wachsenden Renditen. Mama pflegt das Leben als Fassade, der Ehe-Frust sucht sein Ventil im Hyper-Exaltierten. Da bleiben kaum Raum und Liebe für Tochter Antoinette, die unterm Tisch kauert, sich in Irreales davonträumt oder dunkle Fantasien hegt. All das bricht auf, als man mit einem Ball glänzen will – und nur ein Gast kommt.
«Le Bal», dieser Satire-Tragödie-Mix mit einem Schuss Freud, kam 2010 an der Hamburgischen Staatsoper heraus. Oscar Strasnoy, 1970 in Argentinien geboren, vertonte mit Hilfe von Librettist Matthew Jocelyn eine Novelle von Irène Némirovsky. Und die Bayerische Theaterakademie trat nun im Prinzregententheater den Beweis an: Die Farce passt perfekt für eine Ausbildungsschmiede, in der sich Jung-Solisten schließlich auch mit der Moderne befassen müssen, ohne dabei den Spaß zu verlieren.
Munter hat Strasnoy einen Strauß zusammengepflückt vom Folksong über Charleston, Nähmaschinengeräusch, kleine Endlosschleifen und Klangwetterleuchten in Neonfarben bis zum Mahler-Zitat. Ständig ist diese Musik außer sich (was Ulf ...
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Opernwelt Januar 2013
Rubrik: Panorama, Seite 43
von Markus Thiel
Claude Viviers Musik ist vertraut und fremd, beruhigend und verstörend. In seiner 1978/79 komponierten, etwa 70-minütigen Oper Kopernikus treffen schwebende, tonale Klangflächen auf glissandierende Solostimmen, kantable Phrasen auf kindliches Gebrabbel, impulsive Attacken auf meditative Nachklänge. Viviers musikalische Erfahrungen auf einer langen Ostasienreise...
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Weicher Streicherklang, ein Harfenarpeggio, dann hebt er zu singen an, der geistvolle Barde: «Blick’ ich umher in diesem edlen Kreise...» Dass Christian Gerhahers erste CD mit Opernarien ausgerechnet mit Wolframs Ansprache aus Wagners Tannhäuser beginnt, ist paradigmatisch. Liedhaft, über weite Strecken unbegleitet – was könnte die Qualitäten des Baritons besser...