Ausgesperrte Natur
Die Natur ist quasi verbannt. Das ist gut, weil so klar wird, dass es nicht um Edelweiß-Romantik geht. Gleichzeitig ist dies von Nachteil, weil dadurch die symbolische Ebene der Natur völlig ausgeblendet wird.
Wenn Nicolas Joël an der Düsseldorfer Rheinoper Alfredo Catalanis «La Wally» inszeniert und dabei Felsen, Sturzbäche und Lawinen von der sichtbaren Bühne verbannt, mag das der Konzentration auf die Figuren zwar dienlich sein, doch bei Catalani dient die Bergwelt eben nicht nur als grandiose Kulisse, sondern zugleich als Symbol für Wallys von Elementargefühlen geleitetes Verhalten. Schließlich wird das Selbstmord-Szenario am Ende nicht von Menschenhand, sondern durch die Mächte der Natur herbeigeführt. Joëls Lösungsversuch besteht darin, die Nebelmaschinen anzuwerfen. Das aber reicht nicht aus.
Joël lässt die Figuren vornehmlich über zwei große Stege laufen: Der eine führt quer über die Bühne, der andere, einer Skisprungschanze ähnlich, ragt vom hinteren Ende bis über den Orchestergraben. Vor diesem Hintergrund wird besonders auffällig, dass die Geschichte um Wally auf eher spannungsarme Weise erzählt wird. Die Figuren und die Welt, in der sie sich bewegen, werden weitgehend ...
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